Oefterreich hat eine ganz unbedeutende Kammgarn-Spinnmanufadtur, die
nicht den vierten Theil des öfterreichifchen Bedarfes deckt — fie ift durch drei
gro se Etabliffements (Vöslau, Liebig & Comp. und Schmieger in Falkenau) gut
repräfentirt und ift mit Deutfchland concurrenzfähig. Der Grund liegt fr N
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in der günftigen Lage der öfterreichifchen Sumutehlien für ihren W«
ellich nur
‚lleinkauf,
velchen fie auf den unga ar Wollmärkten decken. Die öfterreichifche Kamm-
garn-Spinnerei ift haupt fächlie es den Qualitäten B und C entwickelt, während
Deutfchland in A und AA-Qualität in Folge der gut gezüchteten preufsifchen
und fchlefifchen Wollen elscHh:
Italien hat eine einzige g grofse |
in Vicenza. Die Schweiz producirt Ai ı
Fleifs gute hochnummerige Kammgarne. Rufsland 2 unbedeutend.
England hat, wie b en die gröfsten Wollgarn- Spinnereien, aber weniger
für Kammgarn als für fogenannte w e ft garne, die wie Streichgarn gefponnen,
jedoch ein fprödes, glänzendes Material zur Grundlage haben, und für welche die
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"nfpinn-Firma,, Roffi
t einigen Jahren mit grolsem
genannten Soutte Sown-Schafe in England und Schottland die Wolle liefern.
Mit diefen Weftgarnen beforgt England den eigenen und den übrigen Weltmarkt
Der Verbrauch der Garngattung ift ein ganz koloffaler, denn folches Ga vird faft
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zu dem gröfsten Theile der Damenkle :ider-Stoffe verwendet, zu den fogenannten
On eansftoff en, den ser de- Kleiderftoffe die in Deutfchland in Glauchau und
Meerane, in Oefterreich in Af eh und / er fabricirt werden.
Auch iin Oct een liefert die Spinnerei der Firma Johann Liebig & Comp
in Reichenberg (die einzige Weftgarn- Spinnere i des Continentes)
Liebig hat mit Glück es ve rfucht, die fiebenbürgifchen Zigaya-Wo
garnen zu verfpinnen.
Streichgarne werden in der'ganzen Welt, die fich mit Fabrication über-
ıaupt befafst, gefponnen. Hier ift der Sitz A a Spinnereien Verviers in
jelgien. — Verviers verarbeitet (durch die Wollaudtionen in Antwerpen) meift
La Plata- und Buenos-Ayres-Wollen. Die Spinnerei ift in Verviers fo technifch
ausgebildet, dafs fie in der Lage ift, das fchlechtefte Material zu einem für gewiffe
Zwecke paffenden Faden zu verfpinnen. Verviers beherrfcht — Weltmarkt und
dominirt fo, dafs die deutfchen und öfterreichifchen fehr gute ee Spin
nereien in eine fehr prekäre Lage gekommen find und es ee ie -h längft ns
reftellt, dafs unter dem Drucke der belgifchen Concurrenz die öfterreichifche
ziemlich gut entwickelte Streichgarn- Induftrie zu Grunde gehen mufs. Deutfch-
lands kleinere Spinnereien in Streichgarn find in der gleichen Lage, nur die
Streichgarn-Spinnereien in Rheinpreufsen (in Aachen: Leunep etc.) halten fich
noch auf der Höhe der belgifchen Concurrenz. England und Fı -ankreich beziehen
ihren Streichgarn-Bedarf aus Verviers und haben den Kampf mit der belgifchen
Concurrenz fo ziemlich aufgegeben. Nur da, wo es fich um ein reines, klettenfreies
Material handelt, wie es zu der Feintuch-Fabrication nothwendig ift, und zwar
nur in Ver bin dung mit der Tüchweberei, können fich die aufser-
belgifchen Stre -ichgarn- Spinnereien erhalten. Die Production und der Export in
und um Verviers ift ein ganz riefiger — ich verweife hier auf die Handels
kammer-Berichte aus Vervie
Die öfterreichifchen Seiinereren haben es auch verfucht, die Antwer-
pener Audtionen zu befuchen, doch fcheinen die Verfuche nicht glücklich aus
gefallen zu fein. — Die deutfchen und öfterreichifchen Streichg garn- Spinnereien
müffen fich darauf befchränken, Specialitäten von guten Stre ichgarnen (aus
deutfchen, ungarifchen oder Auftralwollen) zu liefern. Es fehlt der deutfchen
und öfterreichifchen Spinnerei die Gelegenheit, wie in Vermsis mit Hilfe grofseı
Wollhäufer paffende Wollen in grofsen Quantitäten jederzeit und fchnell herbei-
zufchaffen. Die Fracht der ungew afcheiien La Plata-Wollen von Antwerpen nach
Oefterreich (da die Wollen gew afchen nur 30 Percent reine, fettfreie Wolle per 100
Pfund ungew afchen liefern) fällt fchwer ins Gewicht.
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