Full text: Schafwolle und Schafwoll-Waaren (Heft 56)

   
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Im Jahre 1830 wendete man zum erften Male den Grundfatz an, wodurch, 
da der Spiegel mit Auffchufs gearbeitet werden konnte, eine gröfsere Haltbar- 
keit erzielt wurde. Erft um den Beginn der dreifsiger Jahre fcheinen fich für die 
Shawlinduftrie Künftler gebildet zu haben. Der erfte bekannte Shawlzeichner 
hiefs Efche; er fertigte, und mit ihm auch ein anderer Zeichner Kokefch, die 
erften Mufter auf Gradpapier, welch’ letzteres zuerft von dem bekannten Kupfer- 
ftecher Schönberger herrührte. 
Zwifchen die Jahre 1830 und 1840 fallen die wefentlichften Verbefferun- 
gen in der Shawlfabrication; hieher gehören die erfte Anwendung des Repetir- 
fchuffes und die Verbefferung der Trittmafchine, wie fie noch heute befteht, 
wahrfcheinlich nach franzöfifchen Vorfchlägen. Dagegen ift als nationale Erfin- 
dung die „Doppelmafchine“ anzufehen, welche der Wiener Kofchatzky erfand 
und welche ihrer Vortheile wegen eine fchnelle Verbreitung fand. 
Noch lange Zeit wurde mit Stecker gearbeitet, bis Kliemke nach einem 
Lyoner Mufter den Steckfchlag bekannt machte ; Kneppberger verbefferte denfelben 
nach einer Elberfelder Conftrudtion. Zuerft wurde er von Imlauer angewendet. Faft 
gleichzeitig verbefferte ein einfacher Schloffer, der geniale Willmann, die Schlag- 
mafchine. Sie ift anerkannt beffer als die franzöfffche und noch heute als mufter- 
giltig anzufehen. 
Man kann annehmen, dafs bis zum Jahre 1834 die Wiener Shawlfabrication 
in beftändigem Aufftreben begriffen war; dasfelbe machte fich gleichzeitig nicht 
allein in dem rührigen Beftreben merkbar, durch technifche Errungenfchaften das 
Fach zu erheben, fondern auch durch gefchäftliche Erfolge, welche namentlich 
gegen Norden hin fehr bedeutend genannt werden konnten. Nach verläfsltchen 
3erichten beftanden im Jahre 1834 circa 400 felbfiftändige Meifter, welche be- 
3000 Webftühle fortwährend im Gange erhielten. Von diefer Zeit an bis zum 
Jahre 1840 etwa ftand die Wiener Shawlinduftrie auf dem Zenithe ihrer Entwick- 
lung; eine vollftändig ebenbürtige Gegnerin der franzöfffchen; von diefem Jahre 
an machten fich jedoch anfänglich leife, fpäter ganz deutlich fühlbare Anzeichen 
der Stagnation geltend, — mit dem Jahre 1848, jenem Jahre, in welchem: unter 
Sturm und Bewegung nicht allein die politifchen, fondern auch die focialen 
Grundlagen der Gefellfchaft erfchüttert und verändert wurden, begann allgemein 
der Verfall des fchönen Induftriezweiges fichtbar zu werden. Der allzu rege 
Anfchlufs an die franzöfffche Induftrie, ein Umftand, den fich diefe fehr intelligent 
zu Nutze gemacht, die Wandlung der Mode, wefentliche Aenderungen in der 
bisherigen Zoll- und Handelspolitik, die auf das Allgemeine berechnet, nicht 
rafch genug von der Branche gewürdigt wurden, endlich eine rafch eintretende 
Verzagtheit der Induftriellen, eine Folge der in guten Zeiten nicht geförderten 
allgemeinen Intelligenz, diefsAlles waren die wefentlichenUrfachen desRückganges, 
und es erforderte viele Opfer, um diefen Zweig der Webetechnik lebensfähig zu 
erhalten, und es wird noch Jahre erfordern, demfelben mühfam wieder zu feiner 
verdienten Geltung zu verhelfen. 
Es ift ein Beweis, wie fehr die eingeriffene Muthlofigkeit nach 1848 einen 
wefentlichen Einflufs auf die Thatkraft genommen hat, dafs nach einer wahreı 
Fluth von Anftrengungen zur Verbefferung der Fabrication von 1805 bis 1848, 
von diefer bis in unfere Zeit herein keine bemerkenswerthere Verbeflferung ver- 
zeichnet werden kann, als jene der Anwendung der flamirten Ketten. 
Etwa von I860 an beginnt in der Branche einiges Leben, und es ift feit 
diefer Zeit auch wieder einiges Beftreben merkbar, in technifcher Beziehung 
Schritt zu halten. 
In technifch-mechanifcher Richtung {ind die anerkennenswerthen Erfolge 
in der Conftruction der (hölzernen) Werkftühle vonSchramm und in neuerer 
Zeit auch jener von Bachmeyer nicht zu verfchweigen. Genaue und exadte Arbeit 
der einzelnen Theile und Dauerhaftigkeit kennzeichnet auch in diefer Richtung 
Wiener Arbeit. Wien zählt etwa fünf bis fechs Mechaniker für Webeftühle. 
   
  
   
  
  
   
   
   
  
   
  
   
  
  
  
    
  
  
   
   
   
   
  
  
  
  
   
  
  
    
   
  
  
   
   
   
   
  
  
   
  
   
   
  
  
   
  
  
   
   
  
  
   
  
   
   
  
  
   
   
  
  
    
   
   
   
   
  
    
  
 
	        
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