1 Ö Anton Kreuzig. Männerkleider und Coftüme
in den Jahresberichten der niederöfterreichifchen Handels- und Gewerbekammer,
dafs fich die Confumtion der öfterreichifchen Kleider feit dem Jahre 1807 jähr
lich um ıo Percent, in einigen Jahren fogar um noch mehr gehoben hat; ferner
dafs Wien in feinerer, fowie die Provinzfabriken in Exportwaare keine Concurrenz
zu fürchten haben. Um nun die eigentliche Höhe auf diefem Gebiete zu behaup-
ten, werden allerdings einige Grundbedingungen nothwendig werden. Man müfste
vor Allem dahin fich bemühen. Lehr-Werkftätten zur Heranbildung weiterer tüch-
tiger Arbeitskräfte ins Leben zu rufen. Für die weitere Entwicklung des Exportes
müfste die Theilung der Arbeit vollkommen durchgeführt werden, was jedoch
in dem Weichbilde Wiens fchwer durchführbar wäre, indem felbft dann noch die
Arbeitskraft zu koftfpielig wäre, da diefelbe feit dem Jahre 1867 um 60 Percent
theuerer geworden; man müfste ganz einfach dem Beifpiele anderer Kleider-
fabrikanten folgen und die Fabrication für den Export in die Provinzen verlegen,
was bei den heutigen Verkehrsverhältniffen gar keine Schwierigkeiten bietet. Selbft
Affociationen, wenn richtig geleitet, würden durch Thatkraft und Verftändnifs
Erfpriefsliches leiften können; diefelben würden für feinere Mittelwaare reich-
lichen Abfatz finden und fich in diefem Artikel felbft an dem Export betheiligen
können. Dafs diefelben leiftungsfähig find, konnte die Collectivausftellung beweifen.
Wenn noch fchliefslich für die Heranbildung von tüchtigen Zeichnern für Moden-
blätter geforgt würde, wodurch wir uns vom Auslande emancipiren konnten,
an welches wir jährlich deshalb viele Taufende von Gulden verfenden, wenn
bereits beftehende, wie z. B. die Internationale Modenzeitung F. A. Hofmann,
welche fich bereits einesfehr guten Rufes bei Fachmännern des In- und Aus-
landes erfreut, gehoben und veredelt werden, fo kann man kühn behaupten
dafs Oefterreich mit anderen Ländern nicht nur muthig in die Schranken treten
kann, fondern, wir wiederholen es, dafs es den erften Platz in der Fabrication
von Männerkleidern einnehmen und behaupten wird.
BIN. BEL IDı
Bericht von
Joser MIGOTTI,
R. k. Hof-Knabenkleider-Lieferant, Privilegiumsbejitzer in Wien.
Die Wichtigkeit der Kinderbekleidung erkannte man fchon im Alterthume,
denn mehrere Gefetzgeber jener Zeit erliefsen eigene Normen für diefelbe. Auch
die Römer hatten bereits gewiffe Abftufungen in der Knabenbekleidung, welche
erft mit den beftimmten Jahren oder durch Gewandtheit und Kraft bei den öffent-
lichen Spielen erlangt werden konnten; diefe Kleidungen mufsten dem Klima in
diefem grofsen Reiche angemeffen fein, für die wärmeren Himmelsftriche waren
weite Gewänder aus leichtem Wollengewebe, für die nördlicher gelegenen Länder
enger anliegende Wämfer von dichten Filzftoffen im Gebrauche.
Als Vorzug bei allen galt die möglichfte Begünftigung der freien Bewegung.
Gegentheilig geftaltete es fich im Mittelalter ; das rauhe Ritterthum verfuchte
es längere Zeit durch Einzwängung in Eifenpanzer und Lederkoller aus den
Knaben kleine Männer zu machen und fie fchon frühzeitig zu den oft ftattfindenden
Fehden und Beutezügen abzuhärten, allein mit wenig Erfolg; kräftige Naturen
wurden zwar wirklich ftark und abgehärtet, die fchwächlichen dagegen gingen