Full text: Fertige Kleider (Heft 20)

   
  
  
  
  
  
  
  
  
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24 Jotet Migotti. Cravaten und Halsbinden. 
Auslandes nicht zu befiegen wäre, eignet fich die inländifche, namentlich Wiener 
Waare, welcher durch Manipulation und Appretur eine aufserordentliche Weichheit 
und Milde verliehen wird, vorzüglich dazu. 
Vom fanitären Standpunkte jedoch mufs die in Wien übliche Form der Hals- 
und Bruftbekleidung als ungenügend bezeichnet werden. 
Während nämlich der übrige Körper zwei, oft dreifach (warm) bedeckt wird, 
find diefe Theile häufig nur einfach oder gar nur durch das Hemd vor Wind und 
Wetter gefchützt; die Nachtheile, welche bei dem mitunter rafch eintretenden 
Temperaturwechfel fich daraus ergeben, find von competenter Seite oftmals 
befprochen worden, und werden durch die Mortalitätsberichte, nach welchen 
65 Percent der Bevölkerung den Hals- und Bruftkrankheiten erliegen, auf traurige 
Weife illuftrirt. Erft in letzter Zeit hatman durch Erfindung und Verbefferung der 
breitgelegten, bis unter das Gilet reichenden Napiercravate und die in allgemeinen 
Gebrauch kommenden Flanell-Unterhemden, welche am blofsen Leibe getragen 
werden, in diefer Richtung eine entfprechende Reform angebahnt. 
Der Export diefer Erzeugniffe findet nach Deutfchland und Rufsland, haupt- 
fächlich jedoch nach jenen Ländern des Orients ftatt, in welchen der moderne 
europäifche Kleiderfchnitt bereits Eingang gefunden hat, und geftaltet fich zu 
einem lucrativen, immer lebhafteren Handel, welcher unferem Gewerbefleifse 
gröfsere Ausdehnung verfchaffend und neue Abfatzgebiete eröffnend, den allge- 
meinen Wohlftand befördern hilft, und Oefterreich feiner grofsen Beftimmung: 
Der Mittelpunkt und Stappelplatz des Welthandels zu werden, mehr und mehr 
entgegenführt. 
  
MIENER 
Bericht von 
AN TON KNEU ZT. 
Die Mieder find einer jener Theile der Bekleidungsinduftrie, welcher wohl 
nicht mit manch Anderen, deren Beftehen feit den Anfängen der Menfchheit und 
deren Cultur datirt, und daher auch nicht mit jenen an Anciennität wetteifert, 
fondern deffen Entftehen wir theils dem Raffinement der Mode, theils auch ver- 
fchiedenen anderen Motiven verdanken. Die Gefchichte des Alterthums weifs uns 
wenigftens nichts von Miedern oder Schnürbrüften zu erzählen; zu jener Zeit 
überliefs man die Entwicklung des menfchlichen Körpers ganz einfach der Natur 
und deren Einwirkungen. Die Voreltern aller Völker waren nur darauf bedacht, 
den Körper naturgemäfs entwickeln zu laffen und Alles zu vermeiden, was deffen 
Kräftigung und Stärkung nachtheilig fein konnte. Erft im Mittelalter wurde daran 
gedacht Schnürbrüfte einzuführen und der Natur Concurrenz zumachen. Es wurde 
der Verfuch gemacht, manchem weiblichen Körper eine gefälligere Form zu geben. 
Von den erften Verfuchen jedoch bis in die neuefte Zeit hat diefe Erfindung grofse 
Wandlungen durchgemacht, da diefe Verfuche nicht blofs bei dem weiblichen 
Gefchlechte ihren Ausgangspunkt fanden, fondern auch die Manie des Schnürens 
in das männliche Gefchlecht überging, da es bei jungen Männern eines 
exclufiven Standes nahezu Ehrenfache war, eine fchöne Taille zu befitzen, welche 
nur durch das Mieder erzielt wurde. Diefer Artikel hat nun bis heute eine fo 
riefige Bedeutung erlangt, dafs wir nicht umhin können, demfelben einige Worte 
zu widmen. 
Es wurden in diefem Artikel fo namhafte Erfindungen und Verbefferungen 
eingeführt, dafs man heute bereits eigene Mieder für alle Phafen, welche das 
weibliche Gefchlecht von der Natur durchzumachen gezwungen ift, befitzt. 
        
     
    
    
  
   
  
  
     
   
     
   
    
      
    
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
    
    
  
   
	        
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