Full text: Die Stickerei und die Spitzen (Heft 7)

Die Stickerei und die Spitzen. 11 
In Italien, das einft von Venedig und Genua aus koftbare und fehr fchöne 
Spitzen in den Handel brachte, ift die Spitzenarbeit auf die Hausinduftrie zurück- 
gegangen. In der Verbindung mit der kunftvoll ausgebildeten Stickerei verfertigen 
dieFrauen, wie wir an den ausgeftellten Proben in der Weltausftellung fahen, noch 
fehr fchöne Spitzen in der Weife der alten italienifchen Spitzen. Man konnte fich 
davon aus der Vergleichung der ausgeftellten neuen Spitzen mit der fehr inter- 
effanten Sammlung alter italienifcher Spitzen, Merletti, überzeugen, welche in der 
Expofition des amateurs von Italien ausgeftellt war. 
In Italien findet die Spitze auch eine häufige Verwendung zur Verzierung 
derKirchen und zu Paramenten. Sie werden zum grofsen Theile von Klofterfrauen 
angefertigt und fo hat fich die alte Kunftfertigkeit in der Spitzenerzeugung in 
Italien auch nach dem Niedergange des Handelsgewerbes auf diefem Felde erhalten. 
Ein ähnliches Verhältnifs findet in Spanien und Portugal ftatt. Sie 
können keine namhafte Spitzeninduftrie aufweifen, doch zeigen die auf die Aus- 
ftellung gefendeten Proben von Spitzen, dafs dafelbft eine ausgebreitete Haus- 
induftrie in Spitzen, fowie in der Kunftftickerei befteht. Die Technik und die 
Ornamentik ift jener der alten italienifchen Spitzen ähnlich. Von Portugal aus 
wurde die Spitzenarbeit nach Amerika übertragen, wie die ausgeftellten fchönen 
Spitzen in der b rafilianifchen Abtheilung zeigen. 
Auch in anderen Ländern finden wir Spitzenarbeiten als Hausinduftrie , fo 
namentlich in mehreren Kronländern von Oefterreich, in Dalmatien, den Alpen- 
ländern, in Mähren und Galizien, dann in Ungarn und Siebenbürgen, aber überall 
hat nur die Landbevölkerung daran feftgehalten; die wohlfeile und fchöne 
Mafchinenfpitze verdrängte die Handfpitze, befonders im Mittelftande. Nur in 
Frankreich, England, Belgien und im böhmifchen Erzgebirge hat die hart bedrängte 
Induftrie der Handfpitze den Kampf mit der Mafchinenfpitze fiegreich beftanden; 
fie hat fich nicht nur gegenüber der heftigen Concurrenz erhalten, fondern auch 
veredelt und als echte Spitze gegenüber der unechten den Vorrang behauptet. 
Die Weltausftellung 1873 gibt davon neues Zeugnifs. 
Was den Reichthum und die äufsere Form der Spitzenausftellungen betrifft, 
fo nimmt die aus Belgien die erfte Stelle ein. Die erften Firmen der Hand- 
fpitzen - Fabrication haben wahre Meifterwerke an Roben, Umhängtüchern, 
Schleiern und anderen Spitzenarbeiten und zugleich fo zahlreich ausgeftellt, dafs 
der belgifche Spitzenhof einen Glanzpunkt im Ausftellungspalafte bildete. 
Wir müffen auch hier wieder neue Fortfchritte in der Technik und in der 
Feinheit und Pracht der Ornamentik anerkennen. Die Mode der langen Roben 
bietet der Zeichnung eine grofse Fläche, und der Zeichner kann feine Entwürfe 
mit kühnerem Schwunge durchführen. Die edlen Ornamente der Renaiffance 
walten in der Zeichnung vor. Die Spitzenfabrication hält hierin gleichen Schritt 
mit den verwandten Induftrien, namentlich mit der Seidenweberei und dem 
Cattundrucke. Hier und da ift das Ornament des indifchen Shawls aufgenom- 
men oder kunftverftändig eingefügt. 
Frankreich hat feine Spitzenausftellung nicht fo felbftftändig gefondert 
wie auf der letzten Parifer Ausftellung und auch nicht fo reich be’chickt, weil es 
mit dem ihm zugewiefenen Raum fparen mufste, um allen Zweigen feiner umfang- 
reichen Induftrie gerechtzu werden; das Ausgeftellte war aber immer noch zahlreich 
und fo vorztiglich, dafs wir Frankreich gern die zweite Stelle in der Expofition 
einräumen. Was den Fortfchritt in der Technik und die effedtvollen Neuerungen 
betrifft, geht es Belgien voraus. 
Die allein mit den Klöppeln hergeftellten S 
allein mit der Nadel angefertigten Spitzen oder Po 
wendung der verfchiedenen Mafchen, die in dichterem N 
Fäden den Grund ausfüllen und die Gefammtwirkung erhöhen. 
Darin befteht eben der eigenthümliche Reiz diefer Spitzen, welche die gröfste 
Mannigfaltigkeit in dem Grund und in der Zeichnung zuläfst. 
pitzen oder Dentelles, fowie die 
ints zeigen eine glückliche Ver- 
etz und mit ftärkeren 
  
  
   
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
  
   
   
   
  
   
  
  
   
  
  
  
   
    
  
  
   
  
   
  
  
   
  
  
    
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
    
	        
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