Full text: Die Stickerei und die Spitzen (Heft 7)

   
. . . ud 
Die Frauenarbeiten. 15 
lich follten durch diefelbe die Leiftungen der Frauen in allen Gebieten zur Anfchau- 
ung gebracht und auch die andern Nationen aufgefordert werden, der weiblichen 
Thätigkeit als folcher eine befondere Stätte in ihren Ausftellungen anzuweifen. 
Leider fcheiterte diefes urfprüngliche Vorhaben. 
Die öfterreichifche Ausftellung ftand in diefer Beziehung vereinzelt da und 
auch nicht in jener Vollftändigkeit, wie fie angeregt worden war. Die Ausftellung 
der Frauenarbeiten imfchwedifchen Jägerhaus kam der öfterreichifchen 
an Reichhaltigkeit zunächft und übertraf fie an Vielfeitigkeit. Wir fanden dafelbft 
nebft vielen Proben weiblicher Kunft und Gefchicklichkeit in den verfchiedenften 
Gebieten z. B. auch künftliche Gebiffe von weiblichen Zahnärzten. Was die Ver- 
wendung der Frauen als praktifche Aerzte betrifft, fo kann man fich bei uns eines 
gewiffen Mifstrauens nicht erwehren. In Amerika haben fich die weiblichen Aerzte 
aber fchon Bahn gebrochen und einen grofsen Wirkungskreis gefchaffen,; auch 
in Rufsland finden fie fchon Verwendung. 
Die Ausftellung der weiblichen Handarbeiten in der italienifchen 
Schulabtheilung, wie jeneindem deutfchen Unterrichtspavillon 
reiht fich in ganz trefllicher Weife an die früher gekennzeichneten Austftel- 
lungen an. 
Dr. Carl Holdhaus, kaiferlicher Rath, Secretär der niederöfterreichi- 
fchen Handels- und Gewerbekammer und A. F. Migerka, k. k. Hofrath und 
Sectionsrath im Handelsminifterium, haben in fo eingehender Weife die Betheili- 
gung der Frauen in der Fabriksinduftrie durch ein befonderes Werk ftatiftifch 
zufammengeftellt und in Bild und Arbeitsproben zur Darftellung gebracht, dafs 
uns hierüber nichts mehr zu fagen erübrigt und wir im Folgenden nur die Schul- 
und Dilettantenarbeiten, die dazu gehörige und hier einfchlägige Hausinduftrie 
und Kunftftickerei zu befprechen haben, obwohl diefe verfchiedenen Arbeiten 
oft fo in einander greifen, dafs eine ftrenge Claffificirung und Scheidung derfelben 
beinahe unmöglich ift. 
Leiftungen der Schulen und Vereine. 
So weit es möglich war, haben wir das grofsartig aufgehäufte Material 
durchgefehen und geprüft. Es liefert die Menge des Dargebotenen einen erfreu- 
lichen Beweis für die in den Schulen auch in Bezug auf Handarbeit entwickelte 
Thätigkeit, und es ift erftaunlich, zu welcher Genauigkeit und Reinheit der 
Arbeit es die kleinen Hände der Schulkinder oft bringen. Welch’ eine Anzahl 
von Strümpfen, Kinderjäckchen, Häubchen, gehäkelten und geftrickten Mufter- 
bändern, Merktüchern etc. lag hiervor; der kleinen und gröfseren Luxusarbeiten gar 
nicht zu gedenken, die fireng genommen nicht in das eigentliche Gebiet der Schul- 
arbeiten gehören. Und nicht nur die Wiener Schulen waren hier beftens ver- 
treten, auch die Schulen der verfchiedenen Kronländer lieferten eine in jeder 
Beziehung tüchtige Ausftellung. 
Was den Gang des Arbeitsunterrichtesan den Schulen anbelangt, welcher uns 
in verfchiedenen Lehrplänen zur Anfchauung gebracht wurde, machen fich ver- 
fchiedene Meinungen geltend ; die Einen find dafür, mit dem Unterrichte im Stricken, 
die Anderen mit dem im Häkeln zu beginnen. Die gröfste Aufmerkfamkeit bei dem 
Arbeitsunterrichte in der Schule mufs auf eine praktifche Richtung gewendet werden. 
Erfreulich ift esdaher zu fehen, wie von fo vielen Schulen Flick- und Stopparbeiten 
eingefendet wurden, ein Beweis, dafs man diefer fchweren, nicht immer ange- 
nehmen, aber defto nothwendigeren Arbeit immer mehr Sorgfalt fchenkt. Ganz 
Ausgezeichnetes leiften in diefer Beziehung die Italiener. Unter der Auffchrift: 
„Lavoricasalinghi“ war ein Album von einer Schule aus Florenz ausgeftellt, welches 
Mufter von Schülerinen verfertigter Kunftftoppereien enthielt und gewifls für 
alle Frauen von gröfstem Intereffe war. Desgleichen fand man befonders fchöne 
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