Full text: Die Stickerei und die Spitzen (Heft 7)

  
  
  
   
16 Helene Freiin v, Roditzky. 
Stoppereien in Frankreich, Schweden und der Schweiz. Von einer Mädchenfchule 
in der Schweiz wurde uns mitgetheilt, dafs die Schülerinen erft dann feinere oder 
fogenannte Luxusarbeiten machen dürften, wenn fie alle vorgefchriebenen Arbeiten 
im Stricken, Nähen, Flicken zur Zufriedenheit vollendet haben, und find für diefe 
feinen Arbeiten überhaupt nur die letzten fechs Wochen des Curfes beftimmt. 
In all den auf den Schul- und Vereinsunterricht bezüglichen Abtheilungen 
lagen einzelne fehr fchöne und feine Näharbeiten und gut ausgeführte einfache 
Weifsftickereien vor. Befonders fchöne Nähereien ftellte der Wiener Frauen- 
verein für Arbeitsfchulen aus; die in dem Specialkatalog für die Ausftel- 
lung öfterreichifcher Frauenarbeiten, z. B. mit den Nummern 593, 595, 613, 620, 
621 bezeichnet waren und genähte und geftickte Herren- und Damenhemden und 
Corfetten zeigten. Der Prager Frauen -Erwerbverein ftellte zumeift 
Aafchinnähereien aus. Diefe fo fchnelle Art der Näherei hat dem eigentlichen 
fchönen Weifsnähen grofsen Eintrag gethan, indem es diefe Arbeit beinahe zur 
Luxusarbeit erhob oder — erniedrigte. 
In der fchwedifchen Schulabtheilung waren ganz nette, von neun- und eilf- 
jährigen Kindern verfertigte Näharbeiten, die wie alle Schularbeiten treffliche 
Leitung und fleifsige Ausführung kennzeichnet, aber an Glanz und Schönheit den 
Arbeiten der Vereine nachftehen. Der Grund übrigens, warum die Arbeitsfchulen 
der Frauen-Erwerbvereine Schöneres und Gefchmackvolleres liefern als die 
Volksfchulen, mag darin feine Erklärung finden, dafs erftere felbft das Material 
und den Schnitt geben, auf Beftellungen arbeiten, den Kindern einen Theil des 
Gewinnes zuerkennen und dadurch die Eltern für die Sache gewinnen. In der 
Volksfchule hat die Lehrerin mit gröfseren und fchwereren Hinderniffen zu käm- 
pfen, da hier gewöhnlich die Eltern das Material liefern und die Arbeit nach 
ihrem oft nicht richtigen Gefchmacke ausgeführt haben wollen. DieFreimaurer- 
fchule in Dresden ftellte auch eine fehr hübfche und praktifche Collection 
von Schularbeiten in dem deutfchen Unterrichtspavillon aus. 
Befondere Erwähnung verdient wohl der Lehrgang der weiblichen Hand- 
arbeiten, welcher von Fräulein Gabrielle Hillardt in mehreren Tafeln zufammen- 
geftellt war und gewifs bei jedem Sachverftändigen das gröfste Intereffe erweckte 
und die gröfste Anerkennung fand. Von der Ausftellung der Privatfchulen im 
Pavillon für Frauenarbeiten waren befonders Nr. 782 (Specialkatalog), ein Sopha- 
polfter in farbiger Stickerei, nach einem Mufter aus dem Mufeum und Nr. 830, 
ein Polfter mit farbiger Stickerei auf Mull bemerkenswerth. Eine befonders aner- 
kennende Erwähnung verdienen auch die verfchiedenen Klofterfchulen. In 
Frankreich ift der weibliche Unterricht überhaupt und fpeciell der in weiblichen 
Handarbeiten in den Händen verfchiedener Frauenorden. 
Auch in Deutfchland lieferten die Schulen der Francis canerinenvon 
Sieffeu, derSchulfchweftern in Rottenburg gröfstentheils fehr fchöne Arbeiten. 
Die Erfteren ftellten den ganzen Lehrgang in verfchiedenen Tabellen aus. Das 
Klofter St. Urfula von Wien betheiligte fich auch mitrechthübfchen Arbeiten, 
darunter Nähereien und Stickereien. Befonders bemerkenswerth war die 
Nummer 519, ein geftickter Tafchentuch-Behälter, und Nr. 529, ein in Knüpfarbeit 
verfertigter Lichtfchirm, der leider in fchlechter Beleuchtung ftand, fo dafs der 
Effett der mühfamen Arbeit nicht zur vollen Geltung kam. Derfelbe Orden aus 
Innsbruck brachte ein fehr hübfches Mufterband, Nr. 545, von verfchiedenen Filet- 
und Guipure-, Häkel-, Stick- und Strickarbeiten. Nr. 1419 zeigte einen von 
Schülerinen der Congregation der Töchter des göttlichen Heilandes fehr fchön 
gearbeiteten Teppich. 
In dem portugiefifchen Schulhaufe waren auch weibliche Arbeiten 
ausgeftellt, doch war mit Ausnahme der recht nett ausgeführten Dentelles au 
fuseau nichts von Bedeutung. Die geftickten Vögel aus einer Klofterfchule 
waren hübfch gearbeitet, aber fie repräfentirten eine Richtung der Arbeiten, der 
man nicht das Wort reden kann. 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
	        
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