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Schuhwaaren. 3
Wir können nicht auf die Leiftungen Einzelner eingehen, da bei den Aus:
ftellungen anderer Länder, die nicht fo reichhaltig vertreten fein konnten, der
vergleichende Mafsftab fehlen würde.
Es kann aber als feftgeftellt gelten, dafs, wo Preis und Leiftung verglichen
wird, die öfterreichifche Schuhwaaren-Induftrie mit jeder anderen in die Schranken
treten kann.
Bevor wir die öfterreichifche Ausftellung verlaffen, haben wir noch zu be
merken, dafs befonders in den grofsen Etabliffements bereits die verfchieden.
artigften Hilfsmafchinen angewendet werden. Wir kommen auf diefe, foweit fie
auf der Ausftellung vertreten waren, noch zurück.
Wir kommen nun noch zu dem gröfsten Etabliffement für Schuherzeugung in
Oefterreich, welches eigentlich durch feine exclufive Stellung fich der Befprechungin
diefem Berichte entzieht, eine exclufive Stellung, die fich fchon in der exceptio-
nellen Ausftellung in der Hauptgallerie kennzeichnete. Es ift diefs die Ausftellung
der Confedtionsanftalten der Gefellfchaft für Heeresausrüftung von SkeneundCon-
forten. Mit dem Monopol der Erzeugung des Bedarfes an Schuhwerk für die ganze
Armee betraut, eine Erzeugung von fo riefigem Umfange, dafs von dem Nutzerträg
niffe derfelben früher ganze Bezirke, befonders in Böhmen lebten, und heute noch
jahrelang an der Entziehung des gewohnten Erwerbes zu leiden haben werden,
hat diefes riefige Etabliffement, das bei der Errichtung von der Regierung durch Con-
ceffionen aller Art unterftützt wurde, eine Ausftellung von Schuhwerk veranftaltet,
die als muftergiltig anzufehen war und bei der nur zu wünfchen gewefen, dafs nur
annähernd gutes Material unferer Armee auch im Kriege zuGebote ftehen würde.
Zum Schluffe fügen wir eine Notiz bei zur Vergleichung der Zuftände
der guten alten Zeit mit der jetzigen, aus den Satzungen der Wiener Schuh-
macher vom Jahre 1443, nach denen kein Meifter mehr als drei Gefellen und einen
Lehrjungen halten durfte, während jetzt in der erften Schuhwaaren-Adtiengefell-
fchaft in Wien 2200 Arbeiter befchäftigt find.
Ungarns Schuhinduftrie in ihrer feparaten Ausftellung fchliefst fich, mit
Ausnahme des zu nationalen Coftumen gehörigen, an die öfterreichifche nur
mit dem Unterfchiede an, dafs hier mehr das Kleingewerbe vorherrfchend
ift, da die Induftrie in Ungarn und den dazu gehörigen Ländern noch keine
grofsen Fabriken diefes Genres aufzuweifen hat. Wir finden hier vom nationalen
Stiefel bis zu der Opanke eine Reihe Fufsbekleidungen, wovon manche lebhaft
an den Calceus der Römer erinnert. Befonders die Nachkommen der alten
Illyrier haben ihre Fufsbekleidungen noch nicht fehr verändert.
Wir kommen nun zu Deutfchland, wo befonders Süddeutfchland ftark
vertreten war. Es find hier die grofsen Schuhfabriken bekannt, die hauptfächlich
für den Export arbeiten und zumeift hier wie auf früheren Ausftellungen erfchienen
find, um fich ihren Kunden mit dem Beften und Neueften, was fie zu leiften im
Stande find, zu präfentiren und ihren alten Ruf zu erhalten. Von einer blühenden
Lederinduftrie, die fich den erften der Welt an die Seite ftellen kann, unterftützt,
find fie gefährliche , aber würdige Rivalen des jungen öfterreichifchen Schuh-
exportes.
Befonders zahlreich war die Schuh- und Filzfchuh-Erzeugung von Pirmafenz
vertreten. Der Ruf von Pirmafenz , als des Hauptfitzes der deutfchen Maffen-
fabrication von billigen Schuhwaaren,, datirt fchon vom Anfange diefes Jahr-
hunderts. Der ausgedehnte Handel mit denfelben begann im Jahre 1809 oder 1810.
Der Gründer diefer grofsen Induftrie war ein Schuhmacher Namens Jofs, der fpäter
nach Strafsburg überfiedelte. Derfelbe hatte einige Paar Schuhe vorräthig, die
er in feiner durch die Kriege heruntergekommenen Vaterftadt nicht verkaufen
konnte. Da verfiel er auf die Idee, feine Frau damit in die preufsifche Rhein-
provinz haufiren zu fchicken. Der Erfolg war ein fo günftiger, dafs er bald
Nachahmer fand, und fo wurde diefer Handel immer lebhafter betrieben. Im
Anfange der Zwanziger-Jahre gab es in Pirmafenz fchon eine Menge Schuh-
ld
Rasen