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A S. Goldfchmidt.
macher, die fich mit der ausfchliefslichen Erzeugung billiger Sorten von Schuhen
befchäftigten. Der Abfatz verbreitete fich nach und nach über einen grofsen
Theil von Europa und in den Fünfziger-Jahren begann der überfeeifche Export,
der noch immer andauert.
Zu bedauern ift es, dafs wegen Mangels an Raum die Ausftellung nicht
zufammenhängender arrangirt werden konnte, um einen Totalüberblick zu
gewähren. Im Ganzen zahlreicher vertreten, als in Paris, können die ausgeftellten
Arbeiten im Allgemeinen nur lobend erwähnt werden.
Um nachzuweifen, welche Bedeutung die Schuhinduftrie in einzelnen
deutfchen Städten hat, führen wir folgende Daten an, die wir der deutfchen
Schuhmacher-Zeitung entnehmen. Diefer nach find in Weifsenfels 200 Meitter,
wovon 90. täglich 25 bis 30 Paar Schuhe liefern und 10 Schuhfabrikanten mit
einer Leiftungsfähigkeit von 100 bis 300 Paar täglich; in Erfurt 700, in Ham-
burg 1800, in Breslau 1000 und in Danzig 800 felbftfländige Meifter; in Berlin
4350 Schuhmachermeifter, die ihr Gewerbe betreiben, und circa 150 Schuh-
fabriken und Schuhhandlungen.
Am ftärkften war nach Deutfchland Italien durch 21 Ausfteller vertreten.
Es fehlen uns die Details, um über die Gröfse der Etabliffements urtheilen zu
können. Das Gebotene war gröfstentheils lobenswerth, Eigenthümlich ift es,
dafs zumeift in den füdlicher gelegenen Ländern das fchwere Schuhwerk beffer
gearbeitet wird als das leichte, welche Eigenthümlichkeit auch hier hervortrat.
Zu rügen war auch hier die wenige Sorgfalt, die auf das Arrangement ver-
wendet worden war. Es mochte der Inhalt einzelner Schränke beim Aufftellen
oder fonft durch Zufall ftark durcheinander gerüttelt worden fein, und fo lagen
die Waaren die ganze Zeit, ohne dafs fich Jemand die Mühe nahm, felbe zu
ordnen.
In der franzöfifchen Abtheilung fahen wir durch einige Parifer Firmen
die berühmte franzöfifche Schuhinduftrie, die befonders durch luxuriöfe und
gefchmackvolle Decorirung fich auszeichnet, glänzend vertreten, wogegen das
von der Provinz Gefandte mehr der billigen Maffenerzeugung anzugehören fchien.
Es ift vom patriotifchen Standpunkte vielleicht erfreulich, dafs Frankreich
nicht ftärker vertreten war, um fo impofanter trat die öfterreichifche Schuh-
induftrie in Abwefenheit ihrer grofsen Rivalin hervor; aber vom Standpunkte des
Induftriellen wäre ein genauer Vergleich der Leiftungen beider bei annähernd
leich ftarker Betheiligung um fo mehr von Intereffe gewefen.
Auffallend war es, dafs die in Frankreich fo ftark betriebene Schrauben-
fchuh-Fabrication wohl durch die dazu gehörigen Mafchinen in der franzöfifchen
Abtheilung der Mafchinenhalle, aber nicht unter der Schuhausftellung ver-
treten war.
Als hiftorifehes Curiofum in der Entwicklung der franzöfifchen Schuh-
macherei führen wir die freres cordonniers an, eine eigenthümliche Genoffen-
fchaft von Schuhmachern, die gemeinfchaftlich lebten, ihre Zeit zwifchen Beten
und Arbeiten theilten und, ohne Gelübde abzulegen, fich zu Mäfsigkeit, Keufch-
heit und chriftlicher Mildthätigkeit verbanden. In der erften Hälfte des XVII.
Jahrhunderts: verfiel ein Schuhmacher, , welcher unter den Arbeitern den Geift
der Religion, von dem er erfüllt war, verbreiten wollte, auf die Idee, eine
Bruderfchaft von Schuhmachern zu gründen. Er wurde in feinem Vorhaben von
reichen und frommen Leuten unterftützt, und fo wurde 1645 die Confraternität
der freres cordonniers in Paris gegründet. Ihre Privilegien wurden vom Obertt-
Hofmarfchall (grand-prevöt de l’hötel du roi) beftätigt. Die freres cordonniers
lebten gemeinfchaftlich von dem Ertrage ihrer Arbeit und der Ueberfchufs wurde
an die Armen vertheilt. Sie verbreiteten fich fpäter über mehrere Städte Frank-
reichs, als Soiffons, Touloufe, Lyon und andere mehr.
Belgien war nur durch zwei Ausfteller vertreten. Es ift diefs umfomehr
zu bedauern, als uns dadurch ein Einblick in den Stand diefer Induftrie in diefem
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