Full text: Schuhwaaren (Heft 64)

Schmuckfedern, künftliche Blumen und Haararbeiten. al 
Gewandes aus Pfauenfedern oder der reichen Fülle eines Schwangefieders, das 
wie das zartefte Vliefs fich anfühlte und in ähnlicher Weife behandelt war. 
Wir wiffen nun freilich von der Art diefer Arbeit und von der Verwendung der 
Feder zum ganzen Kleid fehr wenig. Das aber, glaube ich, können wir als ficher an- 
nehmen, dafs, wie mit der Benützung glänzender und farbenfpielender Federn neben 
den in früheren Zeiten fehr einfachen Stoffen und Geweben der Verfuch eintritt, 
einen Wechfel der Stoffe, insbefondere der Farbe, zu erzeugen, das menfchliche Auge 
die Schönheit des Kleides fordert. Und die Feder, die der Vogel freiwillig abgibt, 
bildete vielleicht den erften Anfang des Kleiderzierrathes. Erft in fpäterer Zeit 
wurde die Schmuckfeder felbft Rohftoff für die kunftvolle Erzeugung des Gewebes. 
Und als diefe Kunft verloren ging, wird fie, was fie zuerft war, Schmuck, insbefon- 
dere Schmuck der Haare und der Kopfbedeckung und Zeichen des Luxus. Mit 
den Fortfchritten des Handels, zumeift des überfeeifchen, des Handels mit Afrika, 
der Heimat des Straufses, dann mitIndien, wo derMarabou, der Pfau, der Paradies 
vogel und der Kafuar feine Heimat hat, mit Südamerika endlich, wo in Brafilien 
der Kolibri, der Ibis und anderes kleines Volk gedeiht, da wird die Feder die 
Quelle eines ganz productiven Importes nach Europa. Daneben gewinnen die 
Vögel Europas, der Haushahn und die Taube, der Schwan der Fafanund die Wild 
ente, der Stofs des Auerhahnes, feit langen Jahren der Schmuck des Jägers, in 
unferer Zeit das inländifche Material für einen der vornehmften Fächer, immer 
mehr und mehr an Bedeutung. Dauernd hatte die Straufsfeder zumeift als Coiffure 
und Schmuck der Haare, in früheren Zeitaltern als koftbarer Schmuck der Barette 
des Adels den höchften Werth. Die von Natur aus biegfame und gebogene Feder, 
der duftige und wie in zierliches Gewölk fich auflöfende Flaum derfelben, haben 
fie von jeher als begehrungswürdigen Artikel des Damenfchmuckes erfcheinen 
laffen und die bedeutende Nachfrage hat in Egypten wie am Cap der guten 
Hoffnung den glücklichen Verfuch gereift, den Straufs zu zähmen und an die 
menfchliche Haushaltung zu gewöhnen. Aber das Geheimnifs ift noch nicht 
entdeckt, durch häusliche Züchtung und Wahl der Nahrung das Gefieder fo zu 
entwickeln, wie man z. B. bei derSchafzucht Vliefs- und Fleifchbildung fehr leicht 
regeln und beftimmen kann. Die Federn des gezähmten Straufses ftehen in Qua- 
lität bedeutend jenen des wilden Straufses nach. 
Die Franzofen find von jeher Meifter gewefen in der Benützung des Gefie- 
ders und der einzelnen Schmuckfedern, ebenfo wie in der Bereitung und insbefon- 
dere Färbung derfelben; und fie find es fo lange fchon, fo lange eben Frankreich 
die Mode und den Wechfel der Mode beftimmt. Und das reicht weit über die 
Zeit Ludwig XIV. und die Einflüffe hinaus, welche das freie und genufsreiche 
Leben Burgunds neben der einftigen und vor der fpanifchen Mode ausgeübt hat. 
Heute noch liefert Frankreich und hier wieder Paris die durch Kunft entwickelte 
Schmuckfeder den Modiftinen des ganzen Continents, ja felbft Englands und 
Amerikas. Der fertige und vollendete Schmuck, das eigentliche Product der 
Modiftin, geht von Paris felbft wieder in die überfeeifchen Länder, welche das 
Rohmaterial liefern. Und nicht nur in den Luxusfedern, auch in den gewöhnlichen 
Artikeln, für welche zumeift die Armeen Europas die Confumenten find, fteht 
Frankreich obenan. Alles, was die Wiener Weltausftellung zeigte, bewies das 
Recht Frankreichs auf diefe Herrfchaft, und felbft Wien trotz feiner in den letzten 
Jahren ziemlich entwickelten Erzeugung von Kunftfedern fteht eben fo weit hinter 
Frankreich zurück, wie Berlin trotz feiner hochentwickelten Technik der Färberei. 
NurFräuleinH.undE. Natt& ausRio de Janeiro machten diesmal mit ihren 
herrlichen Fächern aus zart gebogenen Federn, ihre Blumenbouquets, aus taufend 
und taufend Federchen zufammengeftellt, den Franzofen ihren alten Ruhm etwas 
ftreitig. Wir verweifen über diefe Ausftellung auf den Bericht über Frauenarbeit 
von Frau v. Roditzky und erwähnen hier nur, dafs in der That Frankreich. neben 
den Leiftungen der brafilianifchen Damen verfchwinden würde, wenn eben die 
Behandlung der Schmuckfedern in Frankreich nicht eine hochentwickelte In- 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.