Full text: Leder (Heft 29)

  
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Leder. d 
Bei dem erften werden die Haare lofe gemacht durch die Einwirkung einer 
künftlich geleiteten Fäulnifs, bei der zweiten durch Einlegen in Kalkmilch. Um 
wiffenfchaftlich zu präcifiren, mülste man fagen: die zu Sohlleder beftimmte Haut 
wird enthaart unter der Einwirkung der fauligen Gährung auf ihre Eiweifskörper, 
die Eiweifskörper w dabei möglichft erhalten. 
Die zu‘ Vaches-Terzen oder auch Oberleder beftimmte Haut wird enthaar 
unter der Einwirkung.des Kalkhydrats auf ihre Eiw eifskörper; diefe Eiweifskörper 
werden durch Kälken und Reinmachen der Haut mehr oder weniger entzogen. 
Für die Beurtheilung des Sohlleders ift es nothwendig, dasfelbe in drei 
verfchiedene Gruppen zu theilen, nämlich nach den Gerbeftoffen. 
Es kann mit ungarifchen Knoppern oder Valonea (Ackerdoppen) ver- 
fetztes Leder, wie es hauptfächlich in Oefterreich, Italien und Griechenland gear- 
beitet wird, weder mit dem in Eichen- oder Fichtenrinde verfetzten, wie esFrank- 
reich, Deutfchland, die Schweiz, Schweden, Dänemark und Rufsland liefert, noch 
mit dem mit Extradten gar gemachten, wie es England und Amerika ausftellte 
verglichen werden, fondern es mufs jede diefer Gattungen feparat in ihren Re ful. 
taten beurtheilt w erden, wenn man überhaupt objectiv vorgehen will. 
Es würde eine müfsige Arbeit fein, hier auf eine Unterfuchung einzugehen, 
was beffer ift, ob in Knoppern oder in Eichenlohe gegerbtes Sohlleder. Es ift 
diefs ein Streit, der fchwer auszutragen ift, da die Vorzüge der einen oder der 
anderen Gerbeweife kaum unanfechtbar in der Praxis nachenweilen find. Es han- 
delt fich hier auch nur um das, was wirklich erreicht wurde und nicht um das, 
was vom theoretifchen Standpunkte aus hätte erreicht werden können. Der 
Gerber arbeitet zu feinem Vortheile und für den Bedarf feiner Kunden. Ift das, 
was feine Kunden verlangen, in möglichft guter Qualität geboten und hat er feinen 
Nutzen dabei, fo ift eben erreicht, was erreicht werden follte. 
Es ift hier noch ein Umftand zu berückfichtigen, der oft den intelligenteften 
Gerber von radicaler Umwandlung feiner Arbeitsweife zurückhalten mufs. Es it 
diefs die aufserordentliche Zähigkeit, mit der die Kundfchaft, in letzter Inftanz 
alfo der Schuhmacher, an altgewohnter Waare hängt. 
So ift in Niederöfterreich, Ungarn, Polen, Mähren und Schlefien kaum 
anderes, als in Knoppern gegerbtes Leder zu verkaufen, wogegen in Böhmen, 
mit Ausnahme eines kleinen Theiles an der mährifchen Grenze, faft ausfchliefslich 
in Eichenlohe gegerbtes Leder für Männer- und in Fichtenlohe gegerbtes für 
Frauenfchuh- Sohn gefucht wird. 
Es mufs hier überhaupt für Böhmen eine Ausnahme gemacht werden. Der 
Lederhändler und Schufter hängt hier nicht fo feft wie in anderen Ländern am 
Althergebrachten und ift zweckmäfsigen Neuerungen zugänglicher. Als vor 
22 Jahren der Schreiber diefes als der Erfte franzöfifches geklopftes Leder nach 
Böhmen einführte, fo war diefs bald fo beliebt, dafs es trotz des höheren Preifes 
das Knoppernleder verdrängte, und fo kommt es, dafs diejenigen Gerber, die in 
Oefterreich in Eichenlohe gegerbtes oder dem ähnliches Leder erzeugen, ihren 
Markt hauptfächlich in Böhmen fuchen und finden. 
Was das Gerbematerial, Knoppern und Valonea betrifft, fo fei hier bemerkt, 
dafs die Knoppern durch den Stich einer Gallwespe (cinips quercus calicis) ent- 
ftandenen Auswüchfe der Eichel, der Sommer- und Wintereiche (quercus pedun- 
culata Z. und quercus robur Z.) find. Valonea (Ackerdoppen) oder orientalifche 
Knoppern dagegen find die Kelche der Eichel der Ziegenbart-Eiche, (quercus 
aegilops Z.), w elche in Kleina fien, Griechenland und den Infeln des Archipels 
häufig wächtt. 
Während Knoppern das altgewohnte Gerbematerial der öfterreichifchen 
Sohlleder-Fabrikanten find, wurden hier die erften Verfuche mit Valonea zu gerben 
im Jahre 1842 gemacht. Erft im Jahre 1858, bei einer vollftändigen Mifsernte der 
Knoppern, wo der Centner Knoppern au 23 o fl. zu ftehen kam, während Valonea 
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