16 S. Goldfchmidt.
ängftliche Rückficht auf den Koftenpreis eben nur dahin zu ftireben, das Befte zu
liefern, um eines ficheren Abfatzes gewifs zu sein, und fo find fie auf jene hohe Stufe
der Vollkommenheit gekommen, die wir auf der Ausftellung an ihnen bewunderten.
Es ift hier fchwer, dem Einen oder dem Andern den Vortritt zuzuerkennen, da fat
nur die erften Firmen Frankreichs vertreten waren. A. Houette & Comp. mit
lackirten Kalbfellen; Ren& Pillais mit lackirten Fellen verfchiedener Art;
L.Soyer & T. Sueur & äls mit genarbten, lackirten Wagenverdeck-Ledern;
Bayvet freres mit farbigen Saffianen und Saffıanimitationen; Baffet & Comp.
mit Chevres dor&s, ein Artikel, in dem die Parifer Fabrikanten noch unerreicht
find; L. Lefaulnier, der einzige, der zugerichtetes Rofsleder ausftellte und
J. Ottenheim mit eingewalkten Schäften. Le Paillard mit Cylinder- und
Kardenleder und endlich Roullier & Comp., der als Gegenfatz zu feinen Col-
legen, die nur das Befte und Feinfte brachten, fogenanntes Cuir fadtice austtellte,
aus Falz- uud Spaltabfällen, die, zufammengeklebt und unter dem Drucke einer
hydraulifchen Preffe gebracht, einen Artikel geben, der von den Fabrikanten
billiger Schuhwaaren als Erfatz für Brand-Sohlleder und zu Abfätzen gekauft wird
und der doch auch diefs gut erzeugt, während Verfuche deutfcher Fabrikanten,
diefen Artikel nachzumachen, fich als unbrauchbar erwiefen. Von alaungaren
Fellen hatte H. Dufort fchöne Glagefelle und auch die bekannte Handfchuh-
leder-Fabrication von Annonay war durch B. Rouveux
gut vertreten.
Wir können nicht alle Namen nennen, die Vorzügliches geleiftet, da wir
fonft faft die Lifte der Austteller wiedergeben müfsten. Wir möchten nur als
Beifpiel der Nachahmung eine der Urfachen erwähnen, welche es möglich
machte, Frankreichs Lederinduftrie auf die hohe Stufe zu bringen, auf der fie
fich gegenwärtig befindet.
Es fcheint uns diefs die fireng durchgeführte Theilung der Arbeit zu fein.
Während bei uns auch der kleine Gerber alle Artikel arbeitet und der gröfsere
Fabrikant Gerber, Zurichter, Färber und womöglich auch Detaillift fein möchte,
ift dort die Theilung der Arbeit gröfstentheils fo durchgeführt, dafs der Gärber
feine Waare in lohgarem Zuftande an feinen Commiffionär fchickt oder felbe
zu Markte bringt, von wo fie der Zurichter dire oder indire& durch den
Lederhändler bekommt und felbe erft nach deffen Angabe für den Bedarf fertig
macht. Der Zurichter ift defshalb meiftentheils für Specialitäten eingerichtet und
erlangt durch die fortwährende gleiche Befchäftigung eine Meifterfchaft, die er
nie erreichen könnte, wenn feine Thätigkeit fich auf alle Zweige der Zurichterei
erftrecken würde. Wie alt diefe Art der Arbeitstheilung in Paris war, erfieht
man aus den Statuten der Tanneurs und Corroyeurs aus dem Jahre 1345, der
Peauffiers vom Jahre 1357 und der Megiffiers vom Jahre 1407, wo bis ins kleinfte
Detail einem jeden feine beftimmt abgegrenzte Thätigkeit vorgefchrieben wird.
Der Bourfier, Säckler, durfte allein lederne Hofen machen, aber dem Peauffier
ftand das Recht zu, felbe zu wafchen, der Chamoifeur durfte feine Felle nicht
beim Fleifcher kaufen, fondern mufste felbe vom Megiffer nehmen, der die
Wolle abmachte, jedoch blofs in Alaun, und nicht in Fett gerben durfte. Die
Statuten der Gerber und Zurichter von Paris vom Jahre 1345 enthalten 44 Para-
graphe, wovon ı6 das Verhältnifs der Gerber und 28 das der Zurichter als
zweier abgefonderter Genoffenfchaften behandeln.
Wie ftreng auf gute Qualität des Leders gefehen wurde, beweift die
Beftimmung, dafs alles Leder von fachverftändigen Gefchworenen, welche die
Gärber unter fich ftets auf zwei Jahre wählten, gebracht und von denfelben
geprüft und abgeftempelt werden mufste. Wurde das Leder nicht für gut befunden,
fo mufste es noch einmal in die Grube verfetzt werden. konnte es dadurch nicht
mehr verbeffert werden, fo wurde es verbrannt und der Gerber mufste eine Strafe
bezahlen, die im Wiederholungsfalle verfchärft wurde. Bei den Corrogeurs wurde
in ähnlicher Weife allmonatlich durch Gefchworene Umfchau gehalten.
& Rouveux aine