6 Ifidor Schnek.
bricht endlich die hohlen Formen, fo dafs nach Entfernung der thönernen Scherben
entfprechende Kautfchukgegenftände zurückbleiben, welche in folcher Geftalt in
den Handel gebracht werden. Trotz mehrfacher Verfuche, die Kautfchukbäume in
unfere Treibhäufer einzuführen, ift es doch nichtgelungen, aus folchen Pflanzen Kaut-
fchuk zu gewinnen, fondern es bildete fich ftets nur ein klebriger Stoff (Vogelleim)
an dem Einfchnitte, der nicht die entferntefte Aehnlichkeit mit Kautfchuk befafs.
Es ift faft unmöglich, alle Artikel zu nennen, für die die heutige Induftrie
das Kautfchuk zu verwenden weils. Es erfetzt Flolz, Horn, Leder etc. in vorzüg-
licher Weife und ift geradezu zu einem unentbehrlichen Handelsartikel geworden
und diefs in überrafchend kurzer Zeit. Lange Zeit, bevor man feine grofse Bedeu-
tung einfah, wufste man keine andere Verwendung dafür, als die das Auslöfchen
von Bleiftrichen damit zu vollziehen, bis man den hohen Werth, den das Kautfchuk
durch feine Elaflieität befizt (es kann bis auf das Sieben- oder Achtfache feiner
Länge gedehnt werden), erkannte und fo einem neuen Induftriezweige die Bahn
eröffnete. Es mufs uns zur Befriedigung dienen, hervorheben zu können, dafs es ein
Oefterreicher war, welcher zuerft das Kautfchuk in der angegebenen Weife zu
benutzen verfuchte und in Oelfterreich einführte. J. N. Reithoffer war es, der im
Jahre 1820 Kautfchuk nach Oelfterreich brachte, dasfelben in dünne Fäden fchnitt
und daraus Gewebe erzeugte, welche bald in Fankreich, England und Deutfchland
Nachahmung fanden.
Doch nicht lange liefs man es dabei allein bewenden ; man ging weiter und
fuchte auch noch durch eine andere Behandlungsweife praktifche Refultate zu
erzielen. Mackintofh in London war der Erfte, welcher die Auflöfung des Kautfchuks
mittelft Chloroforms oder Steinkohlenbenzin vornahm, mit diefer Kautfchuklöfung
Stoffe verfchiedenfter Art beftrich und diefelben als fogenannte wafferdichte Stoffe
in Verkehr brachte.
Der gröfste Auffehwung in der Kautfchukinduftrie datirt aber feit der
Erfindung der Vulcanifirung desfelben. Das Vulcanifiren des Kautfchuks gefchieht
durch Beimengung von Schwefel und anderen Stoffen in dem fogenannten Vul-
canifirofen. Das Verhältnifs des Kautfchuks zum Schwefel und die Dauer der
Erhitzung bedingen die Elafticität oder die Härte der gewonnenen Maffe. Auf
diefe Weife werden die mannigfaltigften Artikel aus dem vulcanifirten Kautfchuk
erzeugt. Während die erften Gummifchuhe im Urzuftande, fowie fie durch Modelle
vom Safte des Baumes gewonnen wurden, in Handel gebracht worden waren und
fpäter aus Natur-Gummiplatten mit Leder- oder Guttapercha-Sohlen befetzt, koft-
fpielig erzeugt wurden, werden jetzt Gummifchuhe aus vulcanifirtem Kautfchuk
dauerhaft und glanzhaft in den fchönften Formen hergeftellt und haben faft in der
ganzen Welt Verbreitung gefunden.
Die Fortfchritte, welche die Kautfchukinduftrie feit der letzten Parifer
Ausftellung gemacht hat, find höchft bemerkenswerth, fowohl durch die bedeutende
Vervollkommnung der hier ausgeftellten Fabricate, als auch durch den grofsen
Auffehwung, den diefer Artikel im Handel genommen hat. Zumeift find es die
Erfindungen und Einführungen neuer Mafchinen für diefes Fach, welche bei
maffenhaft geförderter Production und fortwährendem Aufbringen neuer Handels-
artikel diefem Induftriezweige ein nie geahntes Emporblühen verfchafft haben.
Die Kautfchukinduftrie zerfällt in drei Hauptabtheilungen, und zwar bildeten
fich diefelben nach Mafsgabe der im Früheren angeführten Erfindungen zur Ver-
wendung des Rohkautfchuks auch demgemäfs für die betreffenden Induftriezweige
aus. Diefelben umfaffen :
1. Gummigewebe: Erzeugung elaftifcher Gewebe verfchiedenfter Gattung
durch Verbindung von Kautfchukfäden mit Baumwoll- und Schafwoll-Garnen
oder Seide.
2. Kautfchuklöfung:: Beftreichung verfchiedenartiger Stoffe mit der Kaut-
fchuklöfung zur Erzeugung waffer- und luftdichter Stoffe.