Silberarbeiten. 14
auf dem Poftamente, mit Reliefs und verfchiedenen Gruppen oder Figuren am
Fufse und zu den Seiten, alles durch allerlei allegorifche Gedanken verbunden,
wie fie eben bei Denkmälern in Uebung find. Der Unterfchied ift nur, dafs diefes
Monument in Silber (oder einer ftellvertretenden Metallcompofition) ausgeführt
und, weil für die Tatel beftimmt, in kleinen entfprechenden Dimenfionen gehal-
ten ift. Die andere Art hält daran feft, dafs das, was für die Tafel beftimmt ift,
auch als Gefäfs erfcheinen mufs, gibt demfelben eine entfprechend reiche Bil-
dung und fügt ihm nach der künftlerifchen Intention weiteren, mehr oder minder
bedeutungsvollen Schmuck hinzu. Jene Art, die monumentale, war bei Elkington
vorzüglich durch einen grofsen Tafelauffatz, die „Internationale Volunteerpreis-
trophäe* vertreten, eine Arbeit des Engländers Wilms, mit Hauptfiguren und
Gruppen, mit Göttern und Göttinnen, Pferde- und Ochfengefpann, Alles frei auf
Piedeftal und Unterfatz geftellt. Die andere Art hatte ihr bedeutendftes Beifpiel
in der fogenannten „Helikonvafe“ von Morel-Ladeuil, welche in der Idee ihres
reichen Beiwerkes die Verbindung von Poefie und Mufik verkörperte. Diefe
Vafe, reich in der Compofition, fchön in der Profilirung, von dunklem Stahl mit
Incruftationen in Gold, mit Figurenfchmuck in getriebenem Silber, fomit auch
von Seiten der Technik überaus intereffant, war ohne Frage das ausgezeichnetfte
Stück aller englifchen Goldfchmiedearbeiten, wenn nicht überhaupt die bedeu-
tendfte Leiftung unter allen ihres Gleichen auf der Weltausftellung.
Was hier in England und zwar bei demfelben Austteller vereinigt erfcheint,
diefe doppelte, fo verfchiedenartige Löfung gröfserer Aufgaben, findet fich bei
den übrigen Staaten meiftens getrennt oder doch in vorwiegender Neigung nach
der einen oder der anderen Art. Wer auf altem Standpunkt fteht, folgt der monu-
mentalen Art, wer fchon durch die Principien der Gefchmacksreform mehr auf-
geklärt erfcheint, ftrebt nach rationellerer Löfung in Art der Helikonvafe.
Jene Methode findet noch durchgängig bei den kleineren Staaten ftatt.
So ift ein Tafelauffatz bei dem Holländer van Kempen, der die Beftimmung
eines Ehrengefchenks hat, vollffändig in der Form eines grofsen Mo numents
gehalten, mit würfelförmigem Poftament und Seitenfiguren und einer krön enden
weiblichen Figur fammt dem niederländifchen Löwen. Von dem Dänen Chri-
ftefen in Kopenhagen war eine ähnliche Aufgabe in der Form eines monu-
mentalen Brunnens mit vier Schalen gelöfet, dazu mit den Gottheiten des Meeres,
Neptun und Galathea und Tritonen, nebft allegorifchen Figuren der Wiffe nfchaf-
ten.und der Künfte,
Diefelbe Art der Löfung ift durchaus vorherrfchend bei den grofsen künft-
lerifchen Aufgaben, die den Goldfchmieden Berlin’s in letzter Zeit in unge wöhn-
lichem Mafse zu Theil geworden find. Die ruhmvollen Kriegser eigniffe, die Dank-
barkeit gegen die fiegreichen Führer, die in glänzenden und koftbaren Ehren-
gefchenken ihren Ausdruck fand, haben eine Anzahl der grofsartigften Aufträge
für die Goldfchmiedekunft hervorgerufen. Dafs fie fämmtlich in der gefchilderten
monumentalen Art gelöfet worden find, darin liegt die Urfache theils in der Ber-
liner Tradition, theils in dem Vorhandenfein zahlreicher wohlgefchulter Bild-
hauer bei faft gänzlichem Mangel fpecieller Künftler für die Kunftinduftrie.
Diejenigen Berliner Goldfchmiede, welche vorzugsweife mit der Ausfüh-
rung folcher Werke betraut worden find, waren einerfeits Sy & Wagner,
andererfeits Vollgold & Sohn. Von Demjenigen, was fie auf die Weltausftel-
lung in diefer Art gefendet hatten, wollen wir nur ein paar Gegenftände erwäh-
nen. Der eine von Sy & Wagner bildet eine Erinnerung an die Schlacht von
St. Privat. Es ift ein architektonifches Poftament mit freiftehenden Gruppen und
allegorifchen Figuren. Ein anderer Gegenftand derfelben Fabrik ift dem Abend
nach der Schlacht von R&zonville gewidmet: es ftellt den König felbft dar in
einer Gruppe mit Bismarck, Moltke und Roon auf einem Poftament. Es ift alfo
völlig Bildhauerarbeit im Kleinen. Dasfelbe gilt von einem dritten Silberdenk-
mal aus der Fabrik von Vollgold, welches mit der Boruffa auf einem Poftament