Silberarbeiten. 19
edlen Linien und Verhältniffen, dazu mit angemeffenem Figurenichmuck durch-
geführt. Was uns als nicht angemeffen an dem Auffatz auffiel, war die ifolirte
Stellung figürlichen Schmuckes auf blank polirter fchwarzer Ebenholzplatte,
wodurch fie nicht gehörig mit dem eigentlichen Gefäfs verbunden erfchienen.
Ueber die Farbe, die dem Silber gegeben oder gelaffen war, werden wir auch
[päter zu Iprechen haben. Aus dem gleichen Geifte, wie er im öfterreichifchen
Mufeum der vorherrfchende ift, zeigten fich ähnliche Gegenftände in der Aus-
ftellung von Granichftädtenin Wien: Auffatz nebft Girandolen und Schalen,
alles mit Figuren zierlich und finnig gefchmückt. Diefe Arbeiten waren in Erfin-
dung und Modellirung Werke des Bildhauers ©. König, der wie Teyrich Pro-
feffor an der Kunftfchule des öfterreichifchen Mufeums itt.
Alle diefe erwähnten Gegenftände find allerdings nicht auf directe Beftel-
lung aus dem Publicum hervorgegangen, fondern aus Veranlaffung der Welt-
ausftellung entftanden. Sie find alfo, genau genommen, nicht als Zeugen für
den im Publicum herrfchenden, Gefchmack zu betrachten. Nichtsdeftoweniger
find fie charakteriftifch und aus dem allgemeinen Gefichtspunkt beachtenswerth,
einmal weil fie die Leiftungsfähigkeit ihrer Urheber bekunden, und fodann,
welchen Weg, welche Art — und diefsmal find es die richtigen — die erften
und beften Namen der Induftrie heute für nothwendig halten, wenn fie glänzen
wollen.
Die Fabrik von J. Klinkofch dagegen hatte nicht nöthig gehabt, fpeciell
für die Ausftellung arbeiten zu laffen. Sie führte in reicher Collection vor Augen,
was auf directe Beftellung aus dem Publicum hervorgegangen war. Dennoch
liefs diefs im Wefentlichen keine andere Richtung erkennen, wenn diefelbe auch
nicht ungemifcht war. Die grofsen Auffätze und andere Geräthe für die Grafen
Chotek und Zichy, für den Baron Werthheim, der Tafelauffatz der Donauregu-
lirungscommiffion, die Arbeiten für Todesco und Efterhazy, das alles bewegte
fich einerfeits auf den Principien echter Silberarbeit innerhalb der Linien der
Kunftinduftrie, andererfeits im Geifte der Renaiffance, wenn auch mit gar ver-
[chiedenen Neigungen je nach dem Gefchmack des Urhebers oder des Eigen-
thümers. So neigten die einen (von Hanfen) zur Antike, andere mehr zu einer
etwas freien oder barocken Spätrenaiffance, andere wieder näherten fich fran-
zöfifcher Art; Einiges auch zeigte fich in orientalifcher Imitation gefchaffen.
Das alles ift nicht zu verwundern, wenn man weifs, wie viel individueller, oft
fehr wunderlicher Gefchmack bei der Entftehung folcher Arbeiten mitfpielt. Der
Gefammteindruck, namentlich wenn man ältere und neuere Arbeiten verglich,
war nur erfreulich.
Wenn wir einige der Arbeiten in der Colledtion von Klinkofch, die aller-
dings, wie angedeutet, franzöfifchen Geift athmen, ohne Nachbildungen oder
Nachahmungen zu fein, ausnehmen, fo zeigten fich alle befferen und vorragen-
deren Gegenftände der öfterreichifchen Silberinduftrie frei von jedem franzöfi-
fchen Einfluffe. Das beftätigte die Ausftellung Frankreichs felbft, die in
gröfseren Silberarbeiten allerdings in Chriftofle nur einen einzigen Reprä-
fentanten hatte, diefen aber umfaffend und charakteriftifch genug. Wie wir fchon
oben angedeutet, hatte Chriftofle die gewöhnliche Tageswaare zu Haufe gelaf-
fen und war im Ganzen nur mit edleren oder anfpruchsvolleren Gegenftänden
erfchienen. Was davon für den Gebrauch der reicheren Tafel an Gefäfsen, Scha-
len, Girandolen oder fonftigen Gegenftänden beftimmt war, folgte den künftleri-
fehen Motiven des XVIU. Jahrhunderts, insbefondere jenen der zweiten Hälfte,
welche durch den Gefchmack desletzten Kaiferthumes wieder in Mode gekommen
find. Es bildeten diefe Gegenftände aber nur eine und die minder intereffante
Seite der Colledtion von Chriftofle. Wie die Franzofen für den Bedarf ihrer
Kunftinduftrie, immer nach Neuem trachtend, die Vergangenheit und Gegenwart
aller Orten um Motive durchforfchen, fo trug auch diefe zweite Hälfte der Chri-
ftofle-Colledtion, welche mehr den Charakter des blofsen Luxus und der freien