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Silberarbeiten. 15
Nichtsdeftoweniger ift die ruffifche Goldfchmiedekunft nach dem Zeugnifs
der Ausftellung fchon weit in diefem Verfuche gegangen. Die hedeniiudiien
Ausfteller: Owtfchinnikoff in Moskau, Po a off in Petersburg u. A.
hatten viele und zum Theil grofsartige Silberarbeiten in diefem Stile ausgeftellt,
Samovars, Auffätze, Theezefhirr Pocale u. f. w., welche in ganz glücklicher
Uebertragung das bemalte Holzornament durch farbiges Email wiedergegeben
hatten. Obwohl fo die Gegenftände in diefer Weife zum Theil eine fehr hül Jfche
farbige Wirkung zeigten, gab fich doch das Verfehlte des Beginnens an den
überaus fteifen Formen, gradlinigen Contouren, eckigen Henkeln und dem band-
artigen Ornament De zu ee
Diefen Stil zeigten aber nicht alle ruffifchen Silberarbeiten, noch war er
unvermifcht in Anwendung. Bei Owtfchinnikoff fah man verfchiedene Gegen-
ftände, z. B. Auffätze hohe Schalen, bei denen rufifche Holzmotive und
ganz naturaliftifche Bildungen förmlich abwecktelten, fo dafs z.B. eine ruffifch
geformte Schale auf naturaliftifchem, von Knaben umfpieltem Eichbaume ruhte
und diefer wieder in national Kerner Fufs wurzelte. Einanderer Goldfchmied,
Safikoff in Petersburg und Moskau, hatte fogar vorwiegend naturaliftifche
Gegenftände zur Ausftellung gebracht, daneben aber auch einige fchöne Renaif-
fancepocale und eine Reihe griechifcher Gefäfse, bei denen die Formen der
Terracottavafen -mitfammt ihrer Decoration einfach RE Silber übertragen waren —
auch ohne Zweifel ein Irrthum!
Was die Ruffen hier anftreben, nämlich .national zu fein, das waren die
türkifchen und die indifchen Silberarbeiter in der That. Jene — wir
en die alten türkifchen Nebenländer ein — nehmen allerdings in keiner
Weife einen hohen Rang ein, weder in Bezug auf ihre Form — und Er ift noch
ihre befte Seite — och: in Bezug auf die Ausführung. Letztere ift fogar meiftens
fehr untergeordnet. Was fie auszeinei oder vielmehr kennzeichnet, ift die
reiche Anwendung, die fie vom F iligran machen. Hiemit überziehen fie ganze
Gefäfse oder en Schalen, Taffen u. f. w. daraus zufammen.
Weit beffer, vortrefficher und origineller find die Silberarbeiten, welche
von Indien zur Ausftellung gefendet waren. Wir haben hier zunächft die Gefäfse
im Auge, Kannen, Vafen, En Flafchen und Flacons. Ihre Eigenthümlichkeit
befteht 1 fo fehr in den originellen, zum Theil fehr fchönen, fchlanken For-
men, wie in der V erzierung, welche gewöhnlich das ganze Gefäfs mit zierlichen
Blumen und Ranken in u und cifelirter Ar ee eine Decke überzieht.
Decoration und De wären wohl für uns lehrreich und verwendbar. Anftatt
der abgelebten Formen, die noch immer in Gebrauch ftehen, könnten fie dem
gewöhnlicheren Geräth neuen Reiz verleihen. Freilich wird die Menge der Stil-
arten, auf welche fich die heutige Silberwaaren-Fabrication Europa’s bereits ein-
gelaffen, dadurch nur noch um eine vermehrt werden.
Farbige Behandlung des Silbers.
Ift diefe bunte Mannigfaltigkeit der Stilarten, wie fie fich aus der voran-
gegangenen Darftellung ergibt, in formeller Beziehung charakteriftifch, fo begeg-
nen wir in der inlertehen Behandlung der Ol Verläche fowohl eehullch wie
coloriftifch der gleichen Unficherheit, en gleichen Suchen und Streben und
auch wohl gelegentlichem Umhertappen. Diefs foll aber nicht gerade als ein
Tadel ausgefprochen fein; vielmehr dient es als ein Beweis, dafs die bisherigen
meift verkehrten, felbft armfeligen Manieren ins Wanken gekommen find, A
die Nothwendigkeit von wirk Ich Neuem und Befferem zur Veberzeugung wird,
und dafs, wenn zum Theil auch fuchend und irrend, doch mit einer gew iffen Ent-
fchiedenheit neue Bahnen betreten werden.