Jakob Falke.
Reden wir zunächft von der eigentlichen Farbe oder Färbung des Silbers
und fodann von den Hilfskünften wie Niello und Email, welche den edlen
Metallen reichere coloriftifche Effedte hinzufügen.
Es ift ein höchft auffallender Unterfchied zwifchen den älteren und den
modernen Silberarbeiten, dafs jene durchweg vergoldet waren, diefe aber ebenfo
der Regel nach nicht vergoldet find. Aus dem Mittelalter kann man fagen, find
alle Silberarbeiten, die uns erhalten, vergoldet. Referent weifs fich in der That
keiner irgend bedeutenderen Silberarbeit vor dem XVI. Jahrhundert zu erinnern,
die nicht vergoldet wäre. Auch aus den Zeiten der Renaiffance find filberne, nicht
vergoldete Gegenftände noch von äufserfter Seltenheit. Zum Beifpiel alle die
grofsen Zunft- und Prachtpocale aus dem Silberfchatz des Königs von Hannover
(jetzt im öfterreichifchen Mufeum ausgeftellt) find ausnahmslos vergoldet. Erft
feit der Mitte des XVII. Jahrhunderts wird das blanke weifse Silber bei Kunft-
arbeiten häufiger, gewinnt die Oberhand im XVII und trittin faft ausfchliefs-
lichen Gebrauch in der erften Hälfte des XIX. Jahrhunderts.
Ift diefe Veränderung ein äfthetifcher Gewinn oder ein Rückfchritt? Wenn
wir damit in Verbindung bringen, dafs der Kunftgefchmack in allen Zweigen
gewerblicher Thätigkeit vom XVI. Jahrhundert bis zur Mitte des XIX. fich faft
in ununterbrochenem Verfall befand, fo ift man wohl von vornherein geneigt,
auch diefen Uebergang von der Vergoldung zum Silber nicht anders zu betrach-
ten. In der That kann fich der blafse, kalte Ton des Silbers, fein ftechender
Glanz mit dem Reize des Goldes nicht meffen und betrachten wir die Silber-
gefäfse decorativ, d. h. welche malerifche oder coloriftifche Wirkung fie auf
Credenzen, auf Tifch und Tafel in ihrer Umgebung mit den übrigen Gegenftänden
zufammen machen, fo müffen fie auch darin hinter dem Golde zurückftehen.
Das Gefühl, dafs der blofse Ton, die Naturfarbe des Silbers für den
Effect fo koftbarer Gegenftände nicht ausreiche, hat fich auch der modernen
Fabrikation aufgedrängt und wir begegnen daher bei den Gegenftänden unferer
Weltausftellung verfchiedenen Methoden und Verfahrungsweifen, entweder dem
Effect nachzuhelfen oder auch das Unangenehme, was im Silber liegt, zu dämpfen
und aufzuheben.
Der erftere Zweck verfolgt die Methode, das Silber weifs zu fieden, ein
Verfahren, das in früheren Kunftperioden wohl niemals geübt worden ift. Nach
unferer Anficht bedeutet es nichts weiter als eine Potenzirung gerade der unan-
genehmen Eigenfchaften des Silbers. Dennoch gab es viele Gegenftände diefer
Art auf der Weltausftellung, die meiftens mehr dem gewöhnlichen Gebrauche
angehörten, doch auch andere, die Anfprüche erhoben. Zu diefen Letzteren find
in erfter Linie zu zählen die fchon oben erwähnten naturaliftifchen Gefäfse von
Dominicus Kottin Gmünd, die das Verkehrte ihrer Compofition noch durch
das Verkehrte ihrer äufseren Behandlung erhöhten. Sie waren fo recht geeig-
net, zur Verurtheilung des Verfahrens den praktifchen Beweis vor Augen zu
ftellen.
Bei weitem die meiften Silbergegenftände auf der Ausftellung hatten ent-
weder die Mattirung oder die Polirung oder beide zufammen angewendet, um
durch den Contraft die verfchiedenen Theile hervorzuheben. Es ift, wenn man
will, das einfachfte und naturgemäfsefte Verfahren, die Oberfläche des Silbers
zu behandeln, aber nicht die fchönfte und reizvollfte. Die Mattirung läfst das
Silber in feiner natürlichen Erfcheinung wirken, die Polirung erhebt diefelbe
zum ftrahlenden Glanze. An fich läfst fich weder gegen die eine noch gegen die
andere Weife ein Einwand erheben und ebenfo wenig gegen ihre Verbindung,
wenn fie richtig gefchieht, d.h. fo dafs die glatten Theile polirt werden, die-
jenigen, welche im Relief gehalten find, mattirt. Die polirten Gegenftände oder
Theile zumal werden auf gefchmückter, lichtüberftrahlter Tafel immer einen
reichen Effedt machen. Es hatten daher auch alle europäifchen Völker, die in
diefem Induftriezweige auf der Ausftellung vertreten waren, davon Anwendung