Full text: Die Goldschmiedekunst (Heft 88)

   
   
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
   
  
    
  
   
   
  
  
   
   
   
  
     
1. 
Schmuckarbeiten in Gold und Silber. 
Wir zerlegen für unferen Bericht die Schmuckarbeiten in zwei Theile, in 
diejenigen, die lediglich aus Gold oder Silber beftehen oder bei denen das 
Metall die Hauptfache ift, und in diejenigen, bei denen es fich eben nur um den 
Werth und die Zufammenfetzung der Edelfteine handelt. Wir geftehen, die 
Trennung ift etwas gewaltfam, aber der gegenwärtige Brauch kommt uns dabei 
zu Hilfe. Die Trennung findet bei den Gegenftänden, zum Theil felbft im 
Gefchäfte ftatt. 
Einft war das nicht fo. Noch die Goldfchmiedekunft der Renaiffance ging 
inihren Schmuckarbeiten darauf aus, mit Gold, Email und Edelfteinen einen 
zugleich plaftifchen und farbigen Effect zu erzielen und gerade in diefer Art. 
deren Eigenthümlichkeit in de Vereinigung diefer Mittel befkeht, hat fie uns die 
reizendften Kunftarbeiten im Kleinen hinterlaffen. Mehr und mehr ift man in der 
Folgezeit darauf ausgegangen, die drei Beftandtheile zu trennen, das Gold und 
die Edelfteine jedes dir fich im Schmuck wirken zu laffen, und das Email ftatt 
des decorativen Schmelzes in Miniaturfchmelzmalerei zu verwandeln, welche mit 
kleinen figürlichen Scenen flache Gegenftände überdeckte. Wenn man von der 
kunftreicheren Ausbildung des Edelfteinfchliffes abfieht, die vielleicht nicht 
wenig zu diefer Entwicklung beigetragen hat, fo mufs man im Allgemeinen diefe 
Trennung als einen Niedergang im Gefchmack betrachten. 
Für den eigentlichen Goldfchmuck, von dem wir hier zunächft reden 
zeigte fich der Verfall noch in einer anderen Weife. Man hätte erwarten ie 
dafs mit dem Aufhören der farbigen Verzierung die eminent plaftifche Eigen- 
fchaft des Goldes nun erft recht hätte zur Geltung kommen follen, dafs nun der 
Schmuck hätte das Reliefornament, fei es in Laub, fei es in Figuren, zur höch- 
ften Vollendung ausbilden follen. Aber gerade das Gegentheil trat ein. Mit dem 
allgemeinen Sinken des Gefchmacks verlor fich auch ae Seite der Kunft, und 
was am Ende im XIX. Jahrhundert übrig blieb, war der Goldwerth des Metalls 
und der goldene Schein. 
SG erklärt fich die Eigenthümlichkeit des modernen Goldfchmucks, wie er 
vor wenigen Jahrzehnten faft einzig im Gebrauche ftand, einerfeits die Plumpheit 
und die Schwere der Formen, bei death z. B. bei Armbändern die Mafse des 
verwendeten Goldes allein ch in Schätzung ftand, andererfeits die völlig glatte 
Behandlung der Oberfläche ohne alles Relief, ohne .alle Arbeit. Allenfalls ein 
ebenfo plump in der Mitte eingefetzter Stein hatte auch weiter keine Wirkung 
und keinen Zweck, als den Ina tanlellen Werth zu erhöhen. 
Endlich konnte eine fo magere, armfelige Kunft doch nicht auf die Daueı 
genügen und man mufste nach irgend einer Form oder Geftaltung trachten. Da 
traten nun zwei durchaus Inoleme Motive zur Hilfe. Einmal war es der Natura- 
lismus der Blumenliebhaberei, welche wenigftens Laub und Relief dem Gold- 
fchmuck zurückgab, wenn auch die Arbeit, der Freiheit der Natur entgegen, 
mechanifch mit Preffung hergeftellt wurde. Zum anderen ging auch die in den 
Galanteriegegenfländen herrfche nde Art, einen Gegenfta nd unter der Form eines 
anderen darzuftellen, auf den Schmuck über. So drang das finnlofe Ornamen- 
  
  
  
  
  
   
   
	        
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