24 Jakob Falke.
tationsgenre der Riemen, Schnallen, Bänder, Schleifen, Manfchetten und was der-
gleichen mehr ift, auch in der Goldfchmiedekunft ein. Das Gemifch aller diefer
Elemente bildete die Kunftart des Schmuckes, der Armbänder, Brochen,
Ringe u. f. w. in den fünfziger Jahren diefes Jahrhunderts.
Wie auf allen Gebieten der Kunftinduftrie, fo regte fich auch hiergegen
die Oppofition. Sie kam aber diefsmal von anderer Seite und inanderer Art und
nicht gerade in abfichtlicher Reform, Der neue Stil oder die neue Mode des
Schmuckes, welche zunächft die Arbeit verfeinern, die Technik erweitern, die
Formen veredeln follten, war der antike. Dieantiken Schmuckgegenftände wurden
faft zugleich von zwei Seiten als Vorbilder aufgeftellt, in Italien und in Frank-
reich, aber in verfchiedenem Sinne. In Italien galt es zunächtt, die treue Wieder-
gabe des antiken Schmuckes in all’ feinerSchönheit und Feinheit; in Frankreich
handelt es fich dagegen um neue Formen für die Mode. Den griechifchen und
etruskifchen Formen folgten ägyptifche und byzantinifche, und da auch die ita-
lienifchen Beftrebungen dem dortigen modernen Schmucke zugute kamen, fo war
diefer bald aller Orten von antiken Motiven durchdrungen, ohne dafs die alten
fchon darum befeitigt gewefen wären. If die Buntheit der Stilarten dadurch nur
vermehrt worden, fo ift doch andererfeits der Einflufs des antiken Schmuckes
nur vom gröfsten Vortheil gewefen. Sehr geringen Einflufs hat dagegen, ganz im
Gegenfatz gegen die Silberarbeiten, der Renaiffancefchmuck gezeigt, doch hat
er feine Traditionen, die wieder aufzuleben beginnen. Es ift das zunächft im
nationalen Schmucke der Fall, der noch eine felbftftändige Stellung neben der
Mode einnimmt. Die Weltausftellung gab uns über alles das genügenden Auf-
fchlufs; man konnte gar leicht erkennen, welche Stellung die einzelnen Länder
theils zu den gefchilderten Zuftänden des Modefchmuckes, theils zu den natio-
nalen Traditionen einnehmen.
Die Ausftellung der Schmuckgegenflände war höchft vielfeitig, ja allum-
faffend; kein Zweig der Kunftinduftrie zeigte vielleicht weniger Lücken. Frank-
reich, Italien, England, Deutfchland, Oefterreich, Dänemark vertraten all’ den
modernen Schmuck und doch mit grofsen Eigenthümlichkeiten oder Varietäten.
Noch mannigfaltiger faft zeigte fich der nationale Schmuck, zu dem von Europa
insbefondere Norwegen, Portugal und Ungarn Beiträge geftellt hatten; aufserdem
vor allem Indien, die malayifchen Infeln Hollands, China und Japan, Nord-
Afrika von Aegypten bis Marokko. In Bezug auf den modernen Schmuck nahm
Italien vielleicht die eigenthümlichfte Stellung ein durch die Richtung, welche
die Nachahmung des antiken Schmuckes feinen Goldarbeiten gegeben hatte. In
diefer fpeciellen Richtung waren diefelben die vorragendften auf der Weltaus-
ftellung, die erften Leiftungen des reinen Goldfchmuckes, die heute gefchaffen
werden. Daneben glänzte Italien auch auf dem Gebiete des nationalen Schmuckes
durch feine Filigranarbeiten. Frankreich, das, wie fchon angedeutet, auch
feinerfeits Art und Formen des antiken Schmuckes adoptirt zeigte, war auch im
Schmuck feinem fonftigen Charakter treu geblieben, Motive, Vorbilder, Ideen
von aller Welt aufzunehmen und in fein Eigenes, in die Mode umzufetzen. So
gab es faft keinen Schmuck anderswo, der nicht auch unter den franzöfifchen
Arbeiten zu fehen gewefen wäre. Als Nachtreter Frankreichs in diefer feiner Art
erfchien der reich vertretene deutfche Schmuck der füdweftdeutfchen Städte
Hanau, Pforzheim, Stuttgart u.a. England imitirt wie Frankreich die Motive
jeder Art und jedes Landes, aber ohne fie in eigener Weife zu überfetzen und zu
verwandeln. Auch Dänemark, in deffen Kunftinduftrie fich feit Thorwaldfen
eine antikifirrende Richtung geltend macht, hatte in fchönen Beifpielen Gold-
fchmuck in antiker Art zur Ausftellung gebracht, daneben aber auch nordifche
Filigranmotive verwerthet. Bei Oefterreich überwog bei weitem der Edel-
fteinfchmuck vor dem verhältnifsmäfsig unbedeutenden Goldfchmuck. Diefs find
die charakteriftifchen Züge der hauptfächlichften Fabriksländer des modernen
Goldfchmuckes.
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