Full text: Die Goldschmiedekunst (Heft 88)

4 
     
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
Schmuckarbeiten in Gold und Silber. >25 
In Italien ift bekanntlich die antike Richtung des Goldfchmuckes durch 
die Goldfchmiedfamilie der Caftellani in Rom und Neapel begonnen worden. 
Diefe Familie behauptete darin auch den erften Platz auf der Weltausftellung; 
aber fie fland durchaus nicht mehr allein. Nur waren die übrigen Fabriken, wie 
Belezzain Florenz und Tweremboldin Turin, noch zugleich mit Schmuck 
in anderer Art und insbefondere auch mit fpeciellen Juwelierarbeiten vertreten. 
Die Art des antiken Schmuckes beruht einmal auf den charakteriftifchen Formen, 
die fich dem Baue der Glieder, welche fie zu fchmücken haben, anfchmiegen, 
fodann auf der reichen Hinzufügung des Filigrans, fei es in Fäden, fei es in Kör- 
nern, mit welchen fammtartig die gekrümmten Flächen überdeckt werden. Diefes 
Filigran in gleicher Feinheit herzuftellen und mit gleicher Vollendung anzu- 
wenden, das war die Hauptfchwierigkeit, welche zweifelsohne von keiner euro- 
päifchen Fabrik in gleicher Weife wie von Caftellani gelöft worden ift. Vielleicht 
hat auch keine die Erfüllung der Aufgaben in gleichem Mafse erftrebt. Eine 
dritte Eigenthümlichkeit des antiken Schmuckes befteht in der ornamentalen 
Hinzufügung kleiner Figuren, eine vierte endlich in der befcheidenen Anwen- 
dung von Email. Beides war in gleicher Weife von Caftellani gefchehen und zum 
Theil auch von Anderen, wie denn gerade die Verwendung des figürlichen 
Ornamentes eine Eigenthümlichkeit des italienifchen Goldfchmuckes war, den 
derfelbe faft allein befafs. Am vorzüglichften zeigten fich in diefer Beziehung die 
Arbeiten des bereits genannten Twerembold in Turin. 
Aber die italienifchen Goldfchmiede. find bei der blofsen Nachahmung 
des antiken Schmuckes, fo ernft und fo künftlerifch fie diefelbe genommen haben, 
doch nicht ftehen geblieben. Sie haben die antike Art auf anderen Schmuck- 
arbeiten, die Italien eigenthümlich find, weiter angewendet. Wir meinen damit 
die gefchnittenen Steine und die kleinen Mofaikbildchen in römifcher Art, deren 
Verwendung und Verwerthung zum Schmucke durch die Goldfaffung gefchieht. 
Diefe Faffung war bisher nach Art aller Montirungen der Juwelierarbeiten von 
ziemlich roher und plumper Art. Die italienifchen Goldfchmiede haben nun aber 
die antike Faffung mit gedrehten und gekörnten Fäden und fonftigen Motiven 
darauf angewendet und dadurch hat das ganze Genre als Schmuck aufserordent- 
lich gewonnen. Franzöfifche und nordifche Goldfchmiede find ihnen darin 
gefolgt. 
Die Wiederaufnahme des antiken Filigrans war gerade in Italien um fo 
leichter möglich, als fich hier das Filigran traditionell erhalten hatte, und zwar 
im Volksfchmuck. Gegenwärtig wird das Filigran bereits wieder fabriksmäfsig 
betrieben — daher wir auch an diefer Stelle davon reden wollen — und fein 
Gebrauch hat fowohl den Bereich des Volksfchmuckes wie die Grenzen .des Lan- 
des überfchritten. Gleich dem türkifchen Filigran benützt man auch das italie- 
nifche zu allerlei kleinen Geräthen von Körben und Behältern; die Hauptanwen 
dung ift aber zum Schmucke jeglicher Art für Haar, Hals, Bruft und Arme. Die 
Art der fpiralig gebogenen, an den Ausgangspunkt zurücklaufenden und dort 
befeftigten Fäden ift immer ziemlich die gleiche; dieMotive find nicht zahlreich. 
Neuerdings hat man aber auch nicht ohne Glück Blätter und Blumen in Filigran- 
fchmuck darzuftellen verfucht. Die Verfuche erfcheinen um fo gelungener, je 
weniger fie naturaliftifche Art anftreben. Das Material diefer Arbeiten ift durch- 
gängig Silber, aber zum Schmucke meiftens vergoldet, was z.B. bei den nordi- 
fchen Arbeiten nicht der Fall ift. Die Hauptfabriksftätten find Turin und Genua, 
erfteres auf der Ausftellung durch M. Meyer (Beretta), letzteres durch Salvo 
vertreten. 
So reich die Ausftellung Frankreichs in Schmuckarbeiten war, fo hatte 
man doch den gewöhnlicheren Goldfchmuck zu Haufe gelaffen. In Folge deffen 
überragten einerfeits die fpeciellen Juwelierarbeiten, andererfeits zeigte fich die 
ausgeftellte Collection verhältnifsmäfsig frei von den fchlimmften populären 
Motiven, den Schnallen, Riemen, Manfchetten, Hufeifen, Pferdeköpfen und was 
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.