Full text: Die Goldschmiedekunst (Heft 88)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
  
   
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
26 Jakob Falke. 
dergleichen fonft auf diefem Gebiete graffirt. Dagegen war, wie wir noch fpäter 
fehen werden, viel Naturalismus gerade bei den Juwelen, wo er am wenigften 
hingehört. Der befte Goldfchmuck war in antikem Stile gehalten und in diefer 
Beziehung müffen die Arbeiten von Fontenay in Paris hervorgehoben werden. 
Als fonftige charakteriftifche Seiten des franzöfifchen Schmuckes gab 
fich einerfeits viel Farbe kund, andererfeits eine gewiffe Vielfeitigkeit, wenn 
nicht Allfeitigkeit. Die Vorliebe für eine farbige Haltung des Schmuckes zeigte 
fich nicht blos in reichlicherer Verwendung von Steinen, fondern auch in 
der Verbindung mit Email. Aus letzterer Ornamentation hatten einzelne Fabri- 
kanten faft eine Specialität gemacht, fo Emil Philippe aus dem mehr decora- 
tiven byzantinifchen Zellenfchmelz, insbefondere bei Kreuzen und anderem reli- 
giöfen Schmuck, die Fabrik von Pavi& und Pavilli& dagegen von der Minia- 
turmalerei auf Emailgrund. Aehnlich waren die Arbeiten von Paul Manteau 
und Salleron, die von Letzterem befonders mit religiöfen Gegenftänden. Die 
andere charakteriftifche Eigenfchaft, die Vielfeitigkeit, fprach fich darin aus, dafs 
die franzöfifche Induftrie den Schmuck aller Welt bei fich einführt und imitirt. 
So fah man den italienifchen Cameenfchmuck mit antikifirenden Faffungen, die 
italienifchen Korallenarbeiten, felbft den indifchen und brafilianifchen Schmuck 
mit goldig oder opalifirend fchillernden Käferfligeln. Auch der buntfarbige, 
unechte türkifche Schmuck mit Emailfarben war nachgeahmt. Ueberhaupt bildete 
folcher unechter Schmuck mit Email, falfchen Steinen und falfchen Perlen einen 
nicht unbedeutenden Theil der franzöfifchen Schmuckcolledtion. Diefe Arbeiten 
wiffen mit grofsem Gefchick brillanten Effedt zu machen und find nicht felten von 
fehr guter Zeichnung, von befferer oft als die echten Gegenftände, weil bei die- 
fen der Modegefchmack regiert, bei jenen aber häufig die Imitation guter alter 
oder nationaler Vorbilder obwaltet. 
Ift in diefer Weife der franzöfifche Schmuck allumfaffend, fo ift doch der 
einzelne Fabrikant Specialift in einem einzelnen Genre oder erfchien doch min- 
deftens fo auf der Ausftellung. Im Gegenfatz fucht in England der einzelne 
Fabrikant allumfaffend zu fein. Sozeigte ieh Hancock von London, in Wien 
allerdings eigentlich der einzige englifche Ausfteller in modernem Schmuck. 
Seine Hauptftärke beruhte freilich in den reichen Juwelierarbeiten, auf die wir 
noch fpäter zu fprechen kommen, aber auch fein Goldfchmuck war nicht minder 
zahlreich wie bedeutungsvoll. Alle Stilarten und Stilunarten, kann man fagen, die 
heute in Uebung find, waren in feiner Collection vertreten. Die feinften und 
vollendetften Arbeiten lagen neben den plumpften und gewöhnlichften. Antiki- 
firende Zeichnungen griechifcher, etruskifcher, byzantinifcher und ägyptifcher 
Art mifchten fich mit ganz modernen, mit den Hauptftücken des Schnallen- und 
Manfchettenftils. Höchft fimpel und fchwerfällig gegliederte Armbänder contra- 
flirten mit zierlichen Filigranarbeiten und vortrefflich ausgeführtem Zellen- 
[chmelz. 
Was Grofsbritannien fonft noch von Schmuck gefendet hatte, war mehr 
abfonderlicher Art. Dahin rechnen wir einen fchottifchen Fabrikanten, Atchin- 
fon in Edinburg, mitallerlei kleinen Silbergegenftänden, deren Haupteigenthüm- 
lichkeit in Verwendung von Krallen und Vogelfüfsen beftand. Wir dürfen den 
Urfprung alfo wohl in den fchottifchen Hochlanden fuchen. Wie fchottifche 
Motive, fo hatte derfelbe Fabrikant auch altirifche Motive entlehnt, fowohl von 
den alten in Irland gefundenen Brochen, fowie von den Steinkreuzen mit ihrem 
fchlangenartig verfchlungenen Ornament. 
Um das eigentliche Genre des modernen Schmuckes mit dem Gemifch fei- 
ner verfchiedenartigen Elemente, wie wir dasfelbe oben gefchildert haben, kennen 
zu lernen, war keine Ausftellung lehrreicher als diejenige der Schweiz und ganz 
insbefondere diejenige Deutfchlands. 
Die Schweiz verfolgt mit ihrer Induftrie keine idealen Ziele. Es handelt 
fich bei ihr allein um das Gefchäft und die am leichteften und ficherften verkäuf- 
  
 
	        
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