II.
Schmuckarbeiten in Edelfteinen.
Im Eingange zu unferer Befprechung des Goldfchmuckes haben wir die
wohl allgemein anerkannte Behauptung aufgettellt, dafs diefe Arbeiten feit den
Zeiten der Renaiffance bis auf unfere jüngften Tage einen ununterbrochenen
Rückfchritt gemacht haben. Man kann von dem fpeciellen Juwelenfchmucke wohl
nicht das Gleiche fagen. Wenigftens ift der kryftallinifche Schliff der Edeltteine,
ihre Politur und damit ihr Glanz und Farbenfpiel, alfo ihre Wirkung unleugbar
durch die Art ihrer Bearbeitung und Zurichtung in den letzten Jahrhunderten
erhöht worden. Wir nehmen das überhaupt als eine Erhöhung ihres Werthes an,
auch des künftlerifchen, da ja in diefem Glanze und Farbenfpiele überhaupt ihr
eigentliches Wefen ruht.
Diefe Erhöhung und Vervollkommnung aber hat wieder eine andere Folge
gehabt, deren Werth vielleicht zweifelhafter ift. Sie hat bewirkt, dafs die Steine,
die fonft nur in Verbindung mit edlemMetalle und edler Arbeit auftraten und ein
verzierendes Beiwerk waren, nunmehr felbftftändig und zur Hauptfache geworden
find. Man fetzt fie für fich zufammen, fo dafs das Metall nur den Halt und die
Verbindung abgibt und daher möglichft zu verfchwinden hat, oder fügt fie nicht
um des Scheines, nicht um der gemeinfamen Wirkung willen in das Metall ein,
fondern um den materiellen Werth zu erhöhen. Metallarbeit, Faffung haben alfo
mehr oder minder ihre Bedeutung verloren. Die Kunft des Juweliers ift nach
diefer Seite hin eine rohere geworden.
If diefes im Allgemeinen richtig, fo gilt es noch insbefondere in Bezug
auf die Diamanten. Je mehr fich der Diamant in den letzten Jahrhunderten durch
die künftliche, raffinirte Schleifung aus der Tafelform in den gefpitzten Brillanten
verwandelt hat, je mehr dadurch fein Feuer, fein Farbenfpiel erhöht worden,
je mehr ift feine Faffung in den Hintergrund gedrängt, man kann fagen, unficht-
bar geworden. Statt der fchwarzen Folie im Goldkaften, die man ihm noch im
XVI. Jahrhundert gab, feinen Glanz zu vermehren, ift heute die Regel, ihn mit
fo wenig farblofem Silber wie möglich A jour, alfo durchfichtig, zu faffen. Stein
an Stein gedrängt, das ift heute die Art. Nun mufs er aber doch irgendwie auch
{o in der Zufammenttellung mit feines Gleichen beftimmte Form annehmen
und irgend künftlerifche Figur erhalten, denn nur der Solitär vermag allen-
falls in einfamer Gröfse fich felbft zu genügen. Wie diefs heute gefchieht, wie
dennoch künftlerifche Geftaltung gemäfs dem Gefchmacke der Zeit an ihn heran-
tritt, das konnte man auf unferer Weltausftellung in vollauf genügender Weife
wahrnehmen.
In genügender Weife, fagen wir, denn in der That ift wohl noch keine
Ausftellung fo reich und glänzend mit Brillantenfchmuck verfehen gewefen. Man
hätte erwarten follen, dafs nach den zahlreichen Funden, die man insbefondere
am Cap gemacht, der Diamant in Schätzung und Vorliebe gefunken fei. Aber
eher das Gegentheil ift eingetreten. Den Schleifern in Amfterdam ift nur mehr
Arbeit gekommen und mit vermehrter Arbeit ihr Lohn geftiegen. Das erneuerte
Intereffe, welches jene Fundftätten diefem Steine zugewendet haben, hat auch
der Vorliebe dafür erneuerten Schwung gegeben.