Full text: Die Goldschmiedekunst (Heft 88)

  
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Vergleichende Schlufsbetrachtung. 
Unfere bisherige Darftellung ergibt, dafs alle Goldfchmiedearbeiten der 
Welt, in welchem Material fie auch ausgeführt fein mögen, in Bezug auf ihre 
künftlerifche Art in zwei grofse Gruppen zerfallen: in die nationalen Arbeiten 
und in diejenigen der modernen Cultur. Diefs ift im Wefentlichen auch eine geo- 
graphifche Scheidung, doch trifft letztere nicht ganz zu, da auch moderne Cultur- 
ftaaten fich nationalen Schmuck bewahrt haben und zum Theil ihn zu moderni- 
ren trachten. Diefe bilden gewiffermafsen das Mittelglied, den Uebergang zwi- 
fchen den beiden grofsen Gruppen. 
Der nationale Schmuck ift heute fehr befchränkt in feiner Technik und 
bedient fich durchgängig durch alle Länder hindurch einer gemeinfamen tech- 
nifchen Deoßratioisgee, ob nun in Silber oder Gold, des Filigrans. Es ift das 
in ganz Afien der Fall, in Afrika, in allen Provinzen der türkifchen Herrfchaft 
und in fehr vielen Ländern Europas, felbft im äufserften Weften, in Portugal 
und im höchften Norden, in Norwegen, defsgleichen im Süden, in Italien. Diefe 
drei genannten Länder Be auch bereits dahin, das Filigran wieder dem 
modernen Schmuck, von dem es aufgegeben war, zurückzugewinnen. Ift das 
Filigran allem nationalen Schmuck gemeinfam, fo gibtes doch auch Unterfchiede, 
und diefe beftehen einerfeits in der gröfseren und geringeren Feinheit, anderer- 
feits in der Zeichnung der Ornamente, welche es zu Blade hat, obwohl auch 
diefe fehr viele ee Charakterzüge bieten. In erfterer Beziehung möchten 
wir als durch Bo ausgezeichnet, die chinefifchen, zum Theil die indifchen, 
die malayifchen, die italienifchen ne allenfalls die portugiefifchen Filigran- 
arbeiten hervorheben, in anderer Beziehung, um ihrer Originalität willen, eben- 
falls die chinefifchen, fodann die italienifche en und die norwegifchen. In den 
meiften Fällen befchränkt fich die Decoration des nationalen ee auf das 
Filigran, in vielen treten Steine hinzu, wie in Perfien und Turkeftan, zuweilen 
Email wie in China; die volle Vielfeitigkeit des heutigen modernen et 
den Reichthum feiner zum grofsen Theil erft jüngftens wiedergewonnenen Tech- 
nik zeigt nur die Goldfchmiedekunft Indiens. Si bedient fich neben dem Fili- 
gran e r getriebenen Arbeit, des Taufchirens, Niellirens und Emaillirens und 
veifs von Diamanten und farbigen Steinen einen äufserft effedtreichen Gebrauch 
zu machen. 
Im modernen Europa erhebt fich kein Staat in der Goldfchmiedekunft fo 
über feine Concurrenten wie Indien über die anderen Länder des nationalen 
Schmuckes. Mag man in gewiffem Sinne Frankreich als Führer der Mode auch 
auf diefem Gebiete betrachten, fo gilt das doch nur in befchränkten Grenzen und 
im Allgemeinen auch nur für die gewöhnlicheren Gegenftände und die landläu- 
fige Waare. Je mehr die Goldfchmiedekunft der eigentlichen Kunft fich nähert 
und höhere Anfprüche erhebt, um fo mehr zeigt fich die Selbftftändigkeit und 
Eigenthümlichkeit der einzelnen Länder. Diejenigen, die dabei in Frage kom- 
men, find Frankreich, England, Deutfchland, Oefterreich, Italien, neben ihnen 
— auf unferer Weltausftellung wenigftens — Rufsland, Dänemark, die Schweiz, 
Holland und Belgien, letzteres allerdings nur mit kirchlichen Gegenftänden. 
Wirklich tonangebend und die Mode führend erfcheint uns Frankreich 
nur in dem gewöhnlichen Schmuck, in der eigentlichen Handelswaare. Frank- 
     
   
   
  
  
     
   
  
    
   
   
  
   
   
   
    
    
      
    
     
    
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
     
  
  
   
 
	        
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