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Metallwaaren. 31.
arbeit überhaupt als berechtigt und original uns bekannt find. So bewegen fich
denn auch diefe fo farbenprächtigen Schalen und Taffen meift in den Profilen der
vom Drechsler gelieferten ordinären Holzarbeit. Eines aber ift entfchieden zu loben
und‘das ift jenes ausgefprochene Streben nach farbiger Wirkung, welches durch
Anwendung von Email-, Niello-. Glanz- und Mattvergoldung in Abwechslung mit
weifser und oxydirter Silberfarbe ein äufserft gelungenes Gefammtbild liefert.
Hierin fteht Rufsland allein da, und es wäre nur zu wünfchen, dafs auch bei uns
diefes Streben Anklang fände. P. Outchinikoff in Moskau in feiner reichen
Ausftellung zeigte mehr als einen Beweis diefer Eigenthümlichkeit. Namentlich
feine Emails in Verbindung mit Gefäfs nnd Geräth find reizend. Als befonders
heben wir die Emails cloifonnes hervor, welche in von der gewöhnlichen
Uebung diefer Technik abweichender Weife, nicht abgefchliffen und dadurch mit
ihrer Umgebung in gleicher Ebene erfcheinen, fondern in einer dem XV. Jahr-
hunderte entffammenden Abart das Email innerhalb erhobener Filigranfäden im
Glanzflufs vertieft zeigen. Hievon ift vielfach Gebrauch gemacht. Die grofsen
Trinkgefäfse und Schalen zeigen Gruben und Zellenfchmelz neben einander, in der
Erfindung jedoch ein nicht glückliches Vereinigen naturaliftifcher und
fogenannter Nationalform. Einem conventionellen Gebrauche enftammen auch die
übrigens technifch eminent ausgeführten Darftellungen einer Damaftferviette mit
Brot auf einem Teller liegend. Die Arbeit, den Deffin des Leinenftoffes und deffen
Falten nachzuahmen, ift hierbei mit erftaunlichem Fleifse gemacht, dem übrigens
ein edleres Vorbild zu wünfchen wäre.
Auch die in altberühmter Vollendung gelieferte Tula Nielloarbeit ift vor-
züglich vertreten, nur entfpricht es demfchlichten und doch fo reizenden Eindrucke
diefer Technik wenig, wenn, wie wir hier als Neuerung fehen, der Grund neben
dem Niello vergoldet, und durch Ringelpunzen mattirt wird. Der Totaleffect wird
entfchieden unruhig. Von J. B. Klebnikoff in Moskau waren fowohl recht
gefchmackvolle Samovars und anderes Gefchirr als auch Cultusgeräth in gelun-
gener Durchführung exponirt. Neben der unvermeidlichen Serviette waren Löffel
und Beftecke überhaupt, in welcher in ganz gelungener Weife das Ornament durch
Nielloarbeit hergeftellt war. Auch hier müffen wir der vorzüglichen Emails
erwähnen, welche in oft wahrhaft anmuthigen Ornamenten das Gefäfs verzieren.
Reizendes liefert in diefer Beziehung auch Tchitcheleff in Moskau in
kleinen Zellenfchmelz-Taffen.
Mattiffen in Moskau brachte in feinen Theekannen und Becken eine
weitere Neuerung der Niellirung. Er hebt das Ornament, welches ganz mit Niello
ausgefüllt ift,üb er die Fläche, die eine vertiefte und mattirte Vergoldung zeigt; für
gewiffe Ornamentenkreife nicht unglücklich erfunden. Die grofse Ausftellung
S.& V. Safikoff in Petersburg zeigt einen Kreis höchft beachtenswerther Arbeit
in Silber und Gold. Getriebene Arbeiten namentlich, doch auch cifelirten Gufs.
Emails in ganz vorzüglicher Arbeit, emaillirte Kelche und Schalen und namentlich
der europäifchen Kunftreform-Bewegung entfprechend, Einzelnes, und zwar fehr
Beachtenswerthes in den edlen Formen der Hochrenaiffance.
Daneben wieder ein ’Theefervice aus Silber in antiker, pompejanifcher
Weife concipirt, der Grund Vergoldung, die Ornamente und Figuren mit engen,
horizontalen Niellolinien gleichfam deffinirt, fo dafs fie dunkel vom Goldgrund
abftechen. Bei den niellirten Arbeiten wollen wir noch der Firmen W. Semenoff
und A. Poftnikoff erwähnen, welche, namentlich die erfteren, an Schwärze und
Glanz der Einlagen unübertroffen blieben.
Die Broncearbeiten find weniger reichlich vertreten, und auch im gewöhn-
lichen Niveau mit anderen Ländern ftehend. B. Chopin brachte gut modellirte
nationale Figuren und Reiterftatuetten in Broncegufs, Tfcherkeffen und ruffifche
Bauern in allerlei Hantirungen. Merkwürdigerweife ift hier gar kein Gewicht auf
eine reizende Farbenwirkung der Bronce gelegt. Sehr beachtenswerth war eine
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grofse Arbeit, Thürflügel für die Erlöferkirche zu Moskau aus 33 Stücken montirt in