Full text: Künstliche organische Farbstoffe (1. Band)

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Die Beziehungen zwischen farbigen Verbindungen und Textilfasern. 15 
Zu den tierischen gehören Seide, Wolle und Leder, zu den pflanzlichen 
Baumwolle, Leinen, Hanf, Jute, Ramie, Holz, Papier und künstliche Fasern 
wie die Kunstseiden. Die tierischen Fasern sind Eiweißverbindungen, 
welche die Eigenschaften von Aminosäuren zeigen, also amphoteren 
Charakter besitzen. Die pflanzlichen Fasern bestehen aus Üellulose, 
über deren Konstitution man heute zu bestimmten Vorstellungen 
gelangt ist. Danach besteht die Cellulose aus einem Bündel von 
parallel gerichteten Glucoseketten (Hauptvalenzketten), die ihrerseits 
sich wieder aus einer Anzahl von Glucoseresten zusammensetzen. In 
der Faserrichtung sind die einzelnen Glucosereste durch chemische 
glucosidische Bindungen miteinander verbunden; die zwischen den 
einzelnen Glucoseketten wirksamen Kräfte sind Nebenvalenzen bzw. 
van der Waalssche Kräfte. Die färberischen Eigenschaften der tieri- 
schen Faser sind untereinander sehr ähnlich, wenn auch Abweichungen 
gradueller Art bestehen. Stärker sind die Unterschiede der Anfärbbar- 
keit durch verschiedene Farbstoffgruppen bei den cellulosehaltigen 
Fasern. — Verändert man aber die Fasern durch chemische Eingriffe, 
so treten erhebliche Änderungen im färberischen Verhalten auf je nach 
Stärke und Art des Eingriffes. So färbt sich z. B. mercerisierte Baum- 
wolle (d. i. mit Natronlauge behandelte) viel stärker an als unbehandelte. 
Von den künstlichen Fasern kommt in erster Linie die Kunstseide 
in Betracht. Man unterscheidet 4 Arten: Viscose- und Kupferseide — 
vielfach mit dem Sammelnamen regenerierte Cellulose bezeichnet — 
sind Erzeugnisse, bei welchen die Cellulose zuerst durch chemische Ein- 
wirkung in Form neuer Verbindungen zu kolloider Lösung gebracht 
wird; durch Auspressen dieser Lösung durch feine Düsen bei folgender 
Koagulation erzeugt man einen Faden, welcher durch Fällbäder erhärtet 
wird. Diese Kunstseiden verhalten sich der natürlichen pflanzlichen 
Faser sehr ähnlich. Die Nitroseide, bei welcher durch Herstellung 
eines Cellulosenitrates die für das Verspinnen notwendige Löslichkeit 
hergestellt wird, und wo nach der Fadenbildung ein Denitrierungs- 
vorgang notwendig ist, nähert sich in ihrem färberischen Verhalten 
etwas der tierischen Faser. Eine Sonderstellung nimmt die Cellulose- 
Acetatseide ein. Sie besteht aus mit Essigsäure veresterter Cellulose 
und bedarf besonderer Färbemethoden. 
Als Grundregel ist anzusehen, daß die tierische Faser gegen Säuren 
verhältnismäßig unempfindlich, gegen Alkali empfindlich ist, die pflanz- 
liche Faser zeigt entgegengesetztes Verhalten. 
Betrachtet man die Faserstoffe nach ihrem färberischen Verhalten, 
so ergibt sich folgende Einteilung: 
1. Basische Farbstoffe. 2. Saure Farbstoffe. 3. Substantive Farb- 
stoffe. 4. Beizenfarbstoffe. 5. Entwicklungsfarbstoffe. 6. Schwefel- 
farbstoffe. 7. Küpenfarbstoffe. 
Basische Farbstoffe, das sind Salze von Farbstoffbasen mit meist 
Mineralsäuren (der basische Anteil enthält den Farbstoff), färben die 
tierische Faser unmittelbar an, die pflanzliche erst nach einer Vorbeize, 
einer Behandlung der Faser mit Metallsalzen oder Gerbstoffen auch 
solchen künstlicher Art (z. B. Katanol). Viscose-Kunstseide wird durch 
einige basische Farbstöffe unmittelbar angefärbt. 
 
	        
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