Full text: Natürliche organische Farbstoffe (2. Band)

Insektenfarbstoffe. 87 
Die Cochenillesäure! kann auch durch Oxydation der Carminsäure 
mit Kaliumpersulfat erhalten werden, ihre Konstitution ergibt sich 
durch Abbau zu «-Coceinsäure (I) bzw. ß-Coceinsäure (II) oder zur Kreso- 
tinsäure (III) je nach Wahl der Versuchsbedingungen: 
  
CH, CH, CH, 
\ ) 
f -C00H ( N-C00H EE 
HO— HO—\ ‚—CO0H Ho -000H 
6O0OH 
(I) (II) (III) 
Die Kalischmelze der Carminsäure liefert das Coceinin?, C,H,,0%, 
welches strohgelbe Nädelchen bildet, in Alkalien sich mit gelber Farbe 
löst, die allmählich violett wird. Dabei geht das Coceinin in Coceinon, 
C,„H},0,, über, der Vorgang ist umkehrbar. Dimroth faßt die beiden 
  
  
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Verbindungen wie folgt auf: 
H,C H HC 0 
u) [ 
NN |cH, INN I CH 
a (OH), et 1108 
HO—\ M Sr H HO ne H 
HOOC OH HO06 0 
Coceinin Coceinon 
Die Anzahl der Hydroxylgruppen steht durch Acetylierung fest 
(Coceinin: Tetra-acetylverbindung, Coceinon: Triacetylverbindung). Die 
beiden Hydroxylgruppen, die nicht eingezeichnet sind, lassen sich, wie 
aus der Erörterung über die Carminsäureformel hervorgeht, auf die 
Stellungen 1 und 4 verteilen. Die Carboxylgruppe läßt sich abspalten, 
wobei ein Dimethyltrioxy-anthrachinon entsteht. 
Die Zinkstaubdestillation der Carminsäure liefert j 
in Übereinstimmung mit dieser Konstitutions- RAR, (OH), 
bestimmung — wenn auch in kleiner Menge — we 149 | H 
Anthracen und «-Methylanthracen® die Behand- Be vr# 
lung von Carminsäure mit Schwefelsäure®, eine HOOC 0 ıv) 
Verbindung C,,H}0,, Nadeln vom Smp. 305°, 
die sich als eine Methyltrioxy-anthrachinoncarbonsäure erwies (IV). 
Der oxydative Abbau der Carminsäure zu Naphthochinonderivaten läßt 
sich mit der Zuweisung zu der Gruppe der Oxyanthrachinone vereinen. 
Bei der Reduktion der Carminsäure mit Zinkstaub und Eisessig 
entsteht eine Leukoverbindung, die sich in alkalischer Lösung zu einem 
neuen Farbstoff, der Desoxycarminsäure oxydiert, welcher sich von der 
H,C 0 
1 Vergeblicher Versuch der Synthese: Schleussner, Voswinkel: Liebigs 
Ann. 422, 111 (1920). — ?® Hlasiwetz, Grabowski: Liebigs Ann. 141, 329 
(1867). — Dimroth: Liebigs Ann. 399, 1 (1913). — ? Vgl. auch Fürth: Ber. 
dtsch. chem. Ges. 16, 2169 (1883). — * Das von Liebermann und van Dorp 
durch Einwirkung von Schwefelsäure auf Carminsäure erhaltene Ruficocein ist 
nach C. Liebermann und H. Liebermann [Ber. dtsch. chem. Ges. 47, 1213 
(1914)] eine Mischung dieser Säure mit dem carboxylfreien Derivat. — 5 Analogie- 
fälle: Bamberger, Praetorius: Monatsh. Chem. 28, 688 (1902). — Dimroth. 
Schultze: Liebigs Ann. 411, 339 (1916). — Scholl, Zinke: Ber. dtsch. chem. 
Ges. 51, 1419 (1918); 52, 1142 (1919). — ® Dimroth, Kämmerer: Ber. dtsch. 
chem. Ges. 58, 471 (1920). 
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