Kurzwaaren - Industrie. 7
stimmtes, eine Vorschrift, nach der zu arbeiten wäre, wurde auch nicht
erlassen.
Erst am 4. Juli erhielten wir eine Zuschrift, dahin gehend, dass
Auszeichnung Nr. 2, 3 und 5 identisch, also gleich gestellt seien, und
dass Einem Aussteller nur Eine Medaille verabfolgt werden dürfe; also
Fortschritts -Medaille, Verdienst - Medaille und Medaille für den guten
Geschmack sollten ganz gleich gehalten und gleichberechtigt sein. Bei
der ganzen Jury hatte sich aber schon eine Art Uebung eingebürgert,
auf eine uns s. Z. mitgetheilte und seit Anfang der Beurtheilung ein-
gehaltene Ordnung sich stützend. In unserer Gruppe, sowie in anderen
hielten wir Nr. 2 (Fortschritt) höher als Nr. 3 (Verdienst) und letzteres
besser als Nr. 5 (Geschmack).
Möglich, dass in einigen, aber nur wenigen Gruppen diese Sache
etwas anders aufgefasst wurde. Oben erwähnter Beschluss der Präsi-
denten war durchaus nicht dazu angethan, die Einheit der Beurtheilungen
zu fördern, im Gegentheil trug er dazu bei, divergirende Auffassungen
zu provoziren, was in der Folge zu unangenehmen Erörterungen und
ungleichen Ellen in der Beurtheilung Anlass gegeben haben mag.
Begreiflich erschwerten diese Aenderungen unsere Arbeit bedeutend;
das früher Beurtheilte musste wieder rectificirt werden und wir muss-
ten uns selbst diese neue Auffassung zu eigen machen.
Inzwischen arbeiteten unsere beiden Sektionen tüchtig vorwärts.
Sektion A. untersuchte die Waaren in Elfenbein, Meerschaum und Horn,
Sektion B. die Ledergalanteriewaaren.
Nach einem Zeitaufwande von 12 Tagen kam Sektion B. mit ihrer
ersten Aufgabe zu Ende.
Wenn ich meinen Eindruck wiedergeben soll, welches Land in
den Lederarbeiten am meisten leistet, so kann meine Anschauung natür-
lich nur auf das in der Ausstellung Gesehene und auf meine Erfahrung
überhaupt sich stützen.
In kleinen Lederwaaren, als Portemonnaies, Brieftaschen, Cigarren-
etuis, Carnets, Albums, Taschen, Reisesäcken, kleinen Phantasiegegen-
ständen steht Offenbach a. M. und Umgegend, auch Frankfurt a. M. mit
auf der ersten Stufe. Die dort verfertigte Waare ist meistens gut gear-
beitet, und die Preise sind so billig als möglich gehalten. Es werden
in Offenbach die feinsten Lederwaaren sowohl als die billigsten verfer-
tigt, doch ist eine gesunde Mittelwaare am meisten vertreten. Offenbach
zählt ca. 70 Firmen, welche diese Lederwaaren fabriziren; der jährliche
Ertrag dieser Fabrikation beläuft sich ungefähr auf 15 Millionen Franken.
Der Markt dieser Artikel ist Deutschland, Italien, Spanien, Belgien,
Russland, Dänemark, die Schweiz, der Orient, Amerika, auch Frank-
reich, England und Oesterreich.
Ein massgebender Beförderer dieses Industriezweiges in Offenbach
ist unstreitig die Firma J. Mönch & Comp., welche seit 60 Jahren und
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