608 Die Spritzgußlegierungen.
dung von Störungen erwünscht, die Metalltemperaturen nicht höher
zu bemessen als unbedingt notwendig. Je kälter das Metall in die
Druckkammer kommt, desto größer darf das Kolbenspiel sein, ohne
daß ein Eindringen des dickflüssigen Gießmetalles in die Fuge zwischen
Kolben und Laufzylinder zu befürchten ist, und mit je niedrigerer
Temperatur das Metall in die Form einfließt, desto geringer ist die
thermische Beanspruchung des Formmaterials!, und desto kleiner ist
die „Voreilung‘‘ des Gießmetalles an den Formwänden entlang.
Andererseits soll jedoch, damit die Gußstücke nicht spröde werden,
das Messing, solange es die Gießform durchfließt, nicht bis unter die
Temperatur abgekühlt werden, bei welcher die Entmischung der ß-Kri-
stalle (d.h. die «-Abscheidung) beginnt. Die Lage dieser Temperatur-
grenze ist für binäres Messing durch die Kurve A— B in dem in Abb. 200
dargestellten Zustandsschaubild Cu-Zn gegeben; sie liegt für Messing
60/40 bei 760° C, für Messing 58/42 bei 645° C. Bei konstantem Cu-Ge-
halt wird diese Grenztemperatur durch Pb-Zusatz stark erhöht, wie das in
Abb. 201 wiedergegebene, von Bauer und Hansen ermittelte Schaubild
(Kurve «—b) zeigt; bei Ms 58 beginnt die «-Abscheidung bereits bei735°C.
Wird bei so tiefen Temperaturen gearbeitet, daß das Gießmetall
nach Beginn der «-Abscheidung noch in Bewegung ist; so können zwar
die Gußstücke bei genügend hohem Gießdruck noch immer scharf,
sauber und ohne Kaltschweißen auslaufen, jedoch wird das Gußmaterial
infolge der Verformung oder Zertrümmerung der bereits ausgeschie-
denen «-Nadeln spröde2. In Abb. 202a ist ein Gefügebild eines der-
artigen (äußerlich einwandfreien) Gußstückes dargestellt, welches die
Verformung der «-Kristalle deutlich erkennen läßt. Dagegen zeigt
Abb. 202b ein Gefügebild eines bei richtiger Temperatur hergestellten
Gußstückes von gleicher Gestalt.
Welche Badtemperatur im Vorratsofen innegehalten werden muß,
damit das Messing bei der Formausfüllung die eben definierten Grenz-
temperaturen nicht unterschreitet, hängt davon ab, welcher Abkühlung
es beim Überfüllen, beim Verweilen in der Druckkammer und während
des Einfließens in die Form ausgesetzt ist, also von Faktoren, die
1 Auch eine zu niedrige Gießtemperatur kann die Apparatur gefährden.
Wenn das Metall so kalt verpreßt wird, daß es der Verformung einen großen
Widerstand entgegensetzt, so kann es die Gießform beim Einfließen mechanisch
beschädigen, insbesondere durch Verbiegen von Kernen. Praktisch kann es je-
doch bei einigermaßen sorgfältigem Arbeiten nicht vorkommen, daß die Gieß-
temperatur so tief sinkt, da normalerweise die Gußstücke bereits bei wesentlich
höherer Temperatur nicht mehr sauber auslaufen und verschmelzen.
2 Vol.Hinzmann u. Küster: Die Wärmebehandlung und Gefügeausbildung
von (&-+ ß)-Messing, Z. Metallkunde Bd. 19, S. 298, 1927; ferner Hinzmann
u. Flößner: Die Gefügeausbildung in Hartmessing Ms 58. Z. Metallkunde
Bd..22, 8..115,:.1930,