618 Die Spritzgußpraxis.
3. Die Toleranz für Abmessungen, die von beiden Formhälften be-
grenzt werden (Spalte 19 in Zahlentafel 8), insbesondere für Maße
senkrecht zur Trennfuge, die von der Starrheit des Formverschlusses
abhängen (Spalte 19b). Da die zur Trennfuge senkrechten Abmessungen
(unabhängig von ihrer Größe) durch ein Klaffen der Form um den Be-
trag des letzteren vergrößert werden, ergibt sich die Toleranz senkrecht
zur Trennfuge aus den unter 1. bzw. 2. genannten dadurch, daß die Plus-
Toleranzen um den Betrag des im Betriebe eintretenden Klaffens ver-
größert werden, während die Minus-Toleranzen dieselben bleiben.
Die bei Spritzgußfertigung erreichbare Genauigkeit ist für alle drei
Gruppen von Abmessungen um so größer, je niedriger der Schmelzpunkt
und je kleiner der thermische Ausdehnungskoeffizient der Gußlegie-
rung ist. Bei Zinnlegierungen können die Toleranzen in ebenso engen,
teilweise engeren Grenzen gehalten werden, als es bei mechanischer
Massenfertigung bei größter Sorgfalt möglich ist. Bei Aluminiumspritz-
gußstücken sind die Toleranzen im Durchschnitt etwa 3--5 mal so groß
als bei Zinnspritzgußstücken von gleicher Gestalt.
Bei Zinkspritzgußstücken (und nur bei diesen) ist die Maßgenauig-
keit im Gebrauche außer von der Herstellungsgenauigkeit auch von dem
Grade der Beständigkeit abhängig, während bei Gußstücken aus allen
anderen, praktisch völlig beständigen Spritzgußlegierungen die Mab-
genauigkeit im Gebrauche ohne weiteres mit der Herstellungsgenauigkeit
übereinstimmt.
3. Das Gefüge und die Festigkeitseigenschaften
der Spritzgußstücke.
Das Gefüge der Spritzgußstücke ist nicht in dem gleichen
Maße homogen wie etwa das eines gekneteten und durchgeglühten
Materials. Das Korn ist in den Außenhäuten besonders fein und dicht,
nach dem Innern hin nimmt die Korngröße zu (vgl. Abb. 216 und 217).
Die Struktur kann Seigerungserscheinungen aufweisen, und zwar kann
sowohl Kristallseigerung als auch (in diekwandigeren Stücken) Block-
seigerung auftreten.
Im Wandungsinnern von Spritzgußstücken finden sich kleine Hohl-
stellen, die in Röntgenaufnahmen auf dem Negativ als dunklere, auf
dem Positiv als hellere Flecken erscheinen (siehe Abb. 218, 220, 222ff.).
Diese Hohlstellen rühren von Lunkerung oder von Lufteinschlüssen
her. Lunker bilden sich vornehmlich an solchen Stellen starker Material-
anhäufung oder plötzlichen Querschnittüberganges, die mit dem An-
schnitt durch schwachwandige Teile verbunden sind. Denn die letzteren
„saugen“ während ihrer Erstarrung Gußmaterial aus den dickwan-
digeren, noch flüssigen Teilen heraus und verhindern dann während
der Erstarrung der diekwandigen Teile das Nachfließen von Metall
aus dem Einguß zu diesen. Luftporen entstehen an den Stellen,