Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
88 Erſter Theil. Erſtes Buh. Die Hexenproceſſe in proteſtantiſchen Territorien. 
zu trinken; gefragt wozu, erfolgt die Antwort, damit die Patientin fich 
übergebe und das Fieber aufhöre; zweitens ein Nachbar empfiehlt ihr, 
einen Mehlſa> zu nehmen und die Patientin drei Mal hineinzuſte>én. 
Beim zweiten Mal weigert \ih die Kranke, weil ſie im Sad ſih niht 
regen konnte und blos der Kopf herausſ{haute. Drittens 77 Erbſen. 
Mittags 12 Uhr habe Patientin ihr W . . . . darüber laſſen müſſen, 
dann 24 Stunden ſtehen gelaſſen um hierauf in den Rauchfang zu 
hängen. Alsdann müſſe das Fieber weichen. Noh wurde eine Anklage 
gegen Jägerin erhoben, weil fie einer Na<hbarin fechsjähriges Kind an den 
Tiſh gebunden und mit ihrem Kleid bede>t habe. Seit dem Tage wäre 
das Kind albern und aberwibig geweſen. 
Im Jahre 1671. beſchäftigt die Marg. Freiling im Seelhaus das 
Criminalgeriht zu Schweinfurt. Der Seelvater ma<ht die Anzeige, daß 
ſie zwei Mal das heilige Abendmahl empfangen und wieder von fi 
gegeben habe. Herr J. von Berg und Caſp. Luchard ſind Zeugen hier 
für. Die Margaretha 5. wollte erft läugnen ; dann bekannte ſie es mit 
dem Zujage, fie habe ſih übergeben, damit ſie Ruhe hätte, der Teufel 
wolle es ſo haben. Sie habe zwei Dinger!) im Leibe, der Teufel 
verhänge es alſo, ſie ſei ein unwürdiger Gaſt geweſen. Jhre Sünden 
ſeien ſo groß, daß ſie ihr niht vergeben werden könnten. Der Seel» 
vater fragt, warum fie fi aber in der Kirch ſo andähtig ſtelle, als ob 
ſie die heiligſte wäre, antwortet ſie, der Teufel wolle es ſo haben. 
Zehn Zeugen kommen zum Verhör; eine Zeugin deponirt, Beklagte 
habe geſagt, zwei Alrunnen jeien in ihr. Auch wird das gegen fie be- 
zeugt, daß ſie oft während dem Gebete geſchlafen. Jn ihrem eigenen 
Verhöre bekennt ſie alles Mögliche: ſie ſei Hexe, mit dem Teufel ge» 
buhlt ſon als Kind, Kinder umgebracht 2c. Jn vielen Ausſagen in- 
deß variirt ſie, Sie kommt 16. Januar zur Territion, bekennt nun, 
daß ſie ſehs Menſchen getödtet, die ſe<s Werke des Satans vollbraht 
habe, aber Alles jo durcheinander, daß ſie ſelbſt meint, bin ich denn 
irr geworden? Am 30. Januar beſucht ſie Herr Hammig, der Geiſtliche, 
  
  
1) Dieſe Vorſtellung von teufliſchen reſp. zauberifchen Dingern, die „guten 
Dinger“ oder Holdichen genannt, ift in Norddeutſchland zu Hauſe. Sie 
ſind zum Quälen derer beſtimmt, welchen fie beigebracht werden. Man kann fie 
zubringen und abtreiben. An Farbe ſind ſie verſhieden, wie an Wirkungen ; 
ſehen bald aus wie Würmer, dann wie Raupen, Müden, Strohhälmden 2c. 
Sie werden im Topf aufbewahrt unter Hollunderfträuchen. Der Teufel jpielt auch 
dort eine ganz andere Rolle; er bringt den Frauen, was fie verlangen: Butter, 
Milch, Eier 2c. —; jede Umarmung bezahlt er baar; man kann ihn abtreten, 
verſchenken, ihrer 2 bis 3 haben 2c. Voigt, 10—150. Horſt, Daemonomagie 
IL, 263; noh 1737 kommen die Elben, die böſen verzehrenden Dinger vor. 
  
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