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Siebentes Kapitel, Die freie Reihsſtadt Schweinfurt. 89
im Gefängniß, Das Credo konnte fie beten. Bon den zehn Geboten
nur die drei erſten; während er mit ihr betet, jchläft fie ein, und kann
er ſie niht wah kriegen. Jn der vorigen Nacht ſei ein großes Gepolter
gehört worden. Als er gefragt, was das geweſen , erhielt er zur Ant-
wort, der böje Feind ſei dageweſen, habe aber nihts gema<ht. Man
ſchreitet jeht zur Tortur, bei der ſie anfängli<h Alles leugnet; darauf
aber wieder befennt fie alle möglichen Schandthaten vor 4, 24 und 30
Jahren. Dr. Körfel gibt ein Gutachten ab, ſie ſei niht weiter zu tor
quiren, ſondern, weil ſie bekannt, als ſhuldig zu verurtheilen. Auch das
ſei ein Jndicium, daß ſie beim Beſuch des Geiſtlichen eingeſ<hlafen. Ein
J. H. Segniy gibt ein Gutachten von ſe<s Seiten mit der Folgerung,
fie könne nod) die Tortur vertragen (70 Jahre alt) , mithin nochmals zu
torquiren. Es wurden 15 Fragen zu Papier gebracht, über welche fie
auf der Tortur zu befragen ſei. Jedenfalls ift fie hingerichtet worden,
wiewohl die Acten dies niht hervorheben.
Endlich entſpann ſi< no< ein Hexen-Proceß im Jahre 1714, bei
welchem Diebſtahl und Zauberei zuſammen wirkten. Als Angeklagte
erſcheint der Nadler Lu> und ſeine Frau. Lettere wurde als Zauberin
verſchrieen , namentli< war auf dem Marktſhiff von Haßfurt na<
Schweinfurt von den Weibern erzählt worden, daß ein vierzehnjähriger
Knabe, Nicolaus Ridert, einen großen Drachen geſehen habe !), der
auf Lu>ens Speicher geflogen; Größe und Geſtalt beſchreibt er genau.
Die Fndicien mehren ſi<, eine Magd mit Nachbarskind find Abends am
Brunnen geweſen, um Waſſer zu holen; obwohl Mondſchein geweſen,
hätten ſie auf einmal ganz feurig hell gefehen, daß fie vor Schred fort
gelaufen.
Die Ludin war na< Erlegung einer Caution frei gelaſſen worden,
auf das Gutachten der Univerſität Jena hin 1718. Die Fakultät hatte dem
Rath empfohlen, in der Sache behutſam zu ſein. Sie wollten fi nicht
opiniones singulares obtrudiren laſſen, z. B. a) daß Chriſtus vom
Geiſte in die Wüſte geführt und verſuht worden, ſei nur ein Traum
geweſen, b) concubitus fei weder von Chriſtus no< von den Apoſteln
prohibirt worden. Fiſcher, welcher gegen Lu> geklagt hatte, hatte fi an
die Univerſität Halle um ein Gutachten gewendet. Man kann in dem
Beſcheid der Univerſität Jena ſchon den Umſchwung der öffentlichen Meis
1) Auch der „Drache“ iſ bei norddeutſchen Hexen zu Hauſe. Einen ähn-
lichen Proceß brachte Voigt, Gemein. Abhdl. S. 154 u. 155 na< der Ausſage
des Bürgermeiſters Lüder von Quedlinburg !!! Der Superintendent Dr. Men-
gering zu Halle lehrt, „daß der Böſe in Geſtalt fliegender Drachen ſi< zu ſei
nen Hexen zu begeben pflege.“ Inform. consc. ev. 291.