92 Erſter Theil. Erſtes Buch. Die Hexenproceſſe in proteſtantiſchen Territorien.
bis ſie die Wahrheit bekannt habe. Der Pfarrer Martin Severus wurde
veranlaßt, ihr zuzuſprehen und ihr das Bekenntniß des Hans Schwarz
vorzuhalten , daß er den Teufel in ihrem Garten in Mannsgeſtalt ge-
ſehen habe, Sie wurde wiederum zwei Mal gefoltert. Dasſelbe wider-
fuhr der Bertha Buhl. Am 1. September zog man Lucia Zeh wegen
Verdachts der Hexerei gefänglih ein. Auf dem Wege zum Thurm
äußerte ſie, „warum zieht man niht aud) die reihen Weiber ein?" Sie
wurde zwei Mal {arf gefoltert, ohne zu geſtehen. Am 9. September
wurde ſie dur< den Nachrihter von Stuttgart zwei Mal wiederum ſo
gefoltert, „daß fie ſi< grauſam übel gehabt und jämmerlih geſchrieen
habe.” Wegen des niht Weinen Könnens gefragt, erklärte fie, fie habe
in den lebten Tagen genug geweint. Von den beiden Mitgefangenen
wurde Schauer an einem Tage wiederum zwei, die Buhl vier Mal
gefoltert, ohne zu geſtehen. Deßhalb wurden am 18. September die zwei
Geiſtlihen Naogeorgus und Martin Severus zu dieſen Gefangenen ge-
\{i>t, denen ſie auh ernſtlih zuſprachen, aber ohne den gehofften Erfolg.
Denn alle waren gottergeben.
Statt nun die armen zu Tod gequälten Frauen zu entlaſſen, mate
man einen dritten Verfuh, ein Geftändniß zu erpreſſen, indem der
Rath im Oktober 1563 den im Rufe großer Geſchi>lichkeit ſtehenden
Nathrichter von Ehingen kommen ließ. Allein auch dieſer, obgleih er „mit
den Weibern in aller Strenge handelte, und au< andere Mittel an-
wandte“ , konnte nihts ausrihten, und er erklärte „er wiſſe weitere
Handlung niht vorzunehmen“. Darauf {lug endlih dieſen drei Ge=
fangenen die Stunde der Befreiung. Am 16. September mußten ſie
die Urphede beſhwören und wurden entlaſſen. Gegen dieſen Schritt des
Rathes proteſtirte niht blos Ulrich von Helfenſtein, ſondern qu< der
Oberpfarrer Naogeorgus erhob das größte Geſchrei über das Freigeben
„dieſer Unholdinen“, und that fie förmlich in den Bann. Es entſtand
im Rath ein großer Zwieſpalt wegen dieſes Falles. Denn Naogeorgus
hatte ſogar die Sache auf die Kanzel gebraht. Derſelbe wurde daher
vor den Rath citirt, „weil er die Bürgerſchaft gegen den Rath verbittert
habe“. Er vertheidigte ſi< ſ<harf, wurde aber mit der Androhung ent-
laſſen, „man werde ihn abfegen, wenn er fortfahre in ſeinen Predigten
Zwietraht und Unruhe zu erregen.“ Die angedrohte Entlaſſung erfolgte
in Wirklichkeit, als auh die württembergiſche Regierung ihn der Keyerei
beſhuldigte. Am 15. Januar wurde die Barbara Wagenhaus wegen
Hexerei eingezogen, die vom 15. bis 30. Januar 1563, neun Verhöre
zu beſtehen hatte, wobei auh fleißig die Folter angewendet wurde.
Beſonders erſtre>te fi) die Frage auf die Nennung ihrer Geſpielinnen,
deren fie einige bezeichnete, widerrief jedo< bald dieſe Ausſage als Lüge,
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