Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

106 Erſter Theil. Zweites Buch. Die Hexenproceſſe in katholiſchen Gebieten. 
Anfrage hin dur< die Juriſten -Fakultät zu Mainz und Würzburg am 
24, September 1624 entſchieden. Die Tortur dürfe nur eine halbe Stunde 
dauern ; man dürfe ſie ſpäter fortſeßen; denn es ſei nur ein Blutact. 
Die Beinſchrauben galten für eine halbe Tortur. Am 15. Juli 1628 
verfügte das Mainziſche Obergericht, daß die peinliche Frage mit Ruthen- 
ſtreichen und Geißeln beginnen ſolle, ſtatt der Folter, weil dieſes den 
Körper nit arbeitsunfähig made. Auch wurde den Angeklagten 
von Amtswegen ein Defenſor geſtattet. Mit welchem Erfolge, mag der 
Schluß einer ſolhen Schrift errathen laſſen, wo es heißt, „daß Gott er- 
barm die Herenbezijtigung nicht ohne fei, und daß er um Gottes Gnad 
und des jüngſten Gerichtes willen um ein gnädiges Urtheil gebeten 
haben will.“ 
Außer an den vorbezeichneten Orten wurden Ende der zwanziger 
Jahre hingerichtet: in Prozelten 4, in Amorbach ebenfalls 4, Berndit 1, 
Buttiau 1, Ebenheit 1, Heinba<h 3, Rüſtenhauſen 1 und Wenſchdorf 1. 
Im ganzen Amte Miltenberg zählte man 168 Hinrichtungen und 25 
Freilaſſungen. 
Die große Zahl wird niht mehr überraſchen können, wenn man aus 
den Acten erſieht, daß die Jnkulpaten vorgaben, bei den Tänzen unge- 
zählte Schaaren geſehen zu haben und genöthigt, die ihnen bekannten 
anzugeben, 100 und mehr Complicen namhaft machten. 
Ueber die Hexenproceſſe im benahbarten Oberamte Amorba<h mit 
den Amtsvoigteien, Walldürn, Buchen, Mudau und Burken liegen uns 
keine Acten vor; dagegen hat Amtsrichter E. Ph. Hufſhhmid in der Zeite 
ſchrift für deutſche Cultur eingehende Mittheilungen gemacht !). Derſelbe 
{reibt : Wir ſehen im 16. und 17. Jahrhundert wie Private und Cor- 
porationen einſchreiten gegen Zauberer und Hexen. Jn jenen Zeiten 
entſtanden allenthalben tumultuariſche Bewegungen , welche zwar zunächft 
die Ausrottung der Hexerei bezwe>ten, bei welchen ſi<h aber ſtets noh 
die Unzufriedenheit des Volkes mit den Zuſtänden im Allgemeinen zeigte, 
ſo zu Oſtheim, Miltenberg, Buchen, Walldürn und Amorbach. 
1602 war in Buchen ein Auflauf, wo man ſi die Hexerei gegenſeitig 
vorwarf ; zufällig erſcheinen zwei der Hexerei verdächtige Weiber; man 
ergriff fie, jchleppte fie auf’3 Rathhaus und verlangte vom Amtskeller, 
daß fie verbrannt würden. Dieſer ließ aber 5 Rädelsführer einſperren 
und mit Geld beſtrafen. Auf deren Beſhwerde darüber beim Kurfürſten 
Johann Adam befahl dieſer, die Strafe nochmals zu wiederholen, Da- 
gegen erfolgte eine Sturmpetition gegen den Beamten, welche eine Anzahl 
Bürger nad) Mainz trugen, worin gejagt wurde, daß die beiden Frauen 
1) Jahrgang 1859, Seite 428 u. f. 
  
 
	        
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