138 Erſter Theil. Zweites Buh. Die Hexenproceſſe in katholiſchen Gebieten.
viele freigegeben wurden. Und wenn jene Ziffer wirklich) die Zahl der
Juſtificirten in Bamberg richtig ftellt, dann ift ſie im Verhältniſſe noh
viel geringer, als z. B. die Zahl der Opfer in der Stadt Osnabrü>, wo-
ſelbſt in einem Jahre 120 Hexen verbrannt wurden. Nicht weniger
zahlreih waren die Opfer im Braunſchweigiſchen, und zwar beſtand hier
die Todesſtrafe faſt einzig im Feuertod !).
Ein Rüdblid auf die vorliegende Proceſſe gegen Hexen. in Deutſch=
land ergeben ein zweifahes Reſultat bezüglih der Confeſſionen. Zuerſt
bemerkt man, daß in katholiſchen Territorien dieſe Proceduren beginnen
in Folge der Schwäche oder der Jndifferenz eines Regenten, weßhalb fie
au< mit dem Abgang deſſelben Mannes erlöſchen. So in Würzburg,
Trier, Bamberg, Fulda. Auf proteſtantiſchen Gebieten ſind dieſe Pro-
ceſſe mehr Product des Syſtems, oder eines Princips, Sie vergehen
niht na< kurzem Beſtand, ſondern ſie erhalten ich fort, oft fünfzig,
hundert und hunderfünfzig Jahre lang. So in Eßlingen, Schweinfurt,
Wertheim, Leipzig, Calenberg 2c. ?).
Der zweite in die Augen fallende Unterſchied beſteht darin, daß die
katholiſche Geiſtlichkeit im großen Ganzen der Verfolgung feindlich gegen-
überſtand, theilweiſe paſſiv, nur ein geringer Theil activ. Das umgekehrte
Verhältniß findet man bei der proteſtantiſchen Geiſtlichkeit. Die Mehr=
zahl begünſtigt die Hexenproceſſe, ein Theil iſt indifferent , wenige ſind
Gegner, wie Bekker und Grevius, die wir im zmeiten Theil kennen
lernen werden.
Was hier aus den Acten als Thatſache ſi< ergibt, das wird im
zweiten Theile das Ergebniß einer ſpeciellen Unterſuchung ſein.
1) Soldan-Heppe, Geſchichte der Hexenproceſſe II. 88.
2) Man kann die Sache wohl ſo faſſen: Die Hexenverfolgungen ſind auf
katholiſchen Territorien ſporadiſ< und periodiſch; auf proteſtantiſchen Gebieten
allgemein und chronifch. Hexenproceſſe in Calenberg vgl. Fiſcher Aberglaube 1793
U. 134—175.