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Erſtes Kapitel. Stellung der katholiſchen Kirche zur Folter. 147
die Entſcheidung der Appellations-Jnſtanz vorbehalten. Die Tortur darf
erſt 6 bis 7 Stunden nad) dem Eſſen vorgenommen werdeu, de niemals,
jelbft beim jehmwerften Verbrecher niht, bis zur Verſtümmelung des Leibes
und Beſchädigung gehen. Mit Berufung auf eine Bulle Papſt Paul TT.
ſoll die Tortur nie über eine Stunde ausgedehnt werben. E3 dürfen aud)
feine neuen ungewöhnlichen Torturen angewandt werden, wie z. B. dünne
Saiten, Begießen mit kaltem Waſſer . auf den Rü>en, Anhängen von
Gewichtſteinen an den Füßen, oder Auseinanderſperren mit Holz u. . io.
Was die Wiederholung der Tortur betrifft, ſo darf bei den ſ{<werſten
hinzukommenden Jndicien der Angeklagte uie mehr als drei Mal torquirt
werden ; leugnet er ſtandhaft, nie mehr als zwei Mal. Hat er beim
érſten Male auf der Folter geſtanden und nah derſelben widerrufen, darf
er zum zweiten Male gefoltert werden; bleibt er dann bei der Lengnung,
fo ift er frei zu laflen!).
Die gründlichite Verurtheilung der Folter wegen des Mißbrauches,
um Unſchuldige zur Selbſtanklage zu zwingen, finden wir in der berühm-
ten »cautio criminalis« des Friedrich von Spee. Was er hierüber
im Dubium 20 bis 21 vorbringt, ift von überzeugender Kraft und hat
die Veranlaſſung gegeben, daß der bekannte Thomaſius ſpäter aus einem
Saulus ein Paulus, d. h. aus einem Freunde ein Gegner der Folter
geworden iſ, wenn auh nicht in dem Grade, wie unſer Spee. Jener
betennt: „nachdem ich Naudei Apologie derjenigen, die man fälfchlich
„der Zauberei beſchuldigt, nebſt dem Autor der cautio criminalis und
„ſonderlih das 20. Dubium in diejem mit Attention durchlefen hatte, fiel
„mir das alte VBorurtheil (präjudicium) gleihjam als Schuppen von den
„Augen meines Verſtandes, während ih nah Leſung des Carpzov für die
„andere Meinung mi hätte todiſhlagen laſſen. Au habe ih dannen-
„hero zu den anderen Juriſten das Vertrauen, daß ſie ebenmäßig bei
„Dur@leſung dieſer und der gleichen Autoren der Wahrheit Play geben
„würden 2),
Spee bringt im 20. Dubium vierzehn Bedenken vor gegen die Tor-
tur und jhidt ihrer Darlegung folgende Worte voraus: „Es hat mit der
peinlichen Frage gemeiniglih eine ſolche Beſchaffenheit, daß, wenn ih ihnen
1) Die Zeitſchrift für deutſche Culturgeſchichte Band IX. 163 anerkannt die
Mäßigung Delrios bei Geſtattung der Tortur. Auch widerlegt er die Behauptung
Binsfelds, daß der Richter den Angeklagten dur< trügeriſche Vorſpiegelungen und
Verſprechen, die er nicht zu halten gedenke, zum Bekenntniſſe, namentli< zur An-
gabe der Complicen, verleiten dürfe. Lib. V. Sect. X. S. 122, Bd. III.
2) Thomaſius Vorrede zu Joh. Webſters „Unterfuhung der Hexerei.“
Halle 1719. S. 6, Großes Lob erntet Spee auch von dem Philoſophen Reiche
in deſſen theses de crimine magiae 1651. Paragr. 4 und 5, S. 9,
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