WEE VE ME, EE - . Sonne
Erſtes Kapitel. Stellung der katholiſchen Kirche zur Folter. 151
Univerſität zu Mainz den Ruf, ihren Schweſtern mit einer humaneren
und milderen Lehandlung und Zeurtheilung der Hexenproceſſe und der
Procedur vorangeeilt zu ſein !), während die juriſtiſhen Facultäten zu
Marburg, Leipzig, Rinteln, Roftod, Tübingen und Helmſtädt ſowie Her-
born no< an der ſtrengſten Praxis feſthielten. „Jn Helmſtädt,“ ſägt
Soldan-Heppe, „verband ſi der craſſeſte Aberglauben mit Rohheit der
Geſinnung.“
Einen erfolgreichen Schritt gegen die Tortur geſchah dur< die Fn-
ſtruction der apoſtoliſchen Kammer in Rom 1657?), welche die Anwen-
dung derſelben auf's Neußerfte bejehränkte und damit dem entjeßlichen
Mißbrauch der Folter ein Ziel ſete. Dieſe Jnſtruction beklagt im Ein-
gang „die \<werſten JFrrthümer“ im Proceßverfahren gegen das Hexen-
weſen zum Nachtheil der Gerechtigkeit und der angeklagten rauen, und
daß man in der allgemeinen Jnquiſition ſhon lange Zeit bemerkt habe,
„wie faum jemals ein Proceß der Art regelmäßig und der Rechtsform
nah geführt worden.“
„Es hat ſi< darum gar oft die Nothwendigkeit ergeben, fi) gegen
viele Richter tadelnd auszuſprehen über die ungerehten Vexationen,
Jnquiſitionen, Einkerkerungen, und gar mancherlei böſe und unangemeſſene
Verfahrungsweiſen in der Führung der Proceſſe; über unbefugtes Ver-
nehmen der Beklagten und Auflegung unmenſ<li<er Torturen; wos
durch es denn gekommen, daß überaus viele ungere<hte Todesurtheile oder
Uebergaben an den weltlihen Arm erfolgt. Viele Richter haben fi ſo
leichtfertig und leichtgläubig gezeigt , daß ſie auf den leiſeſten Verdachts=-
grund hin irgend ein Weib für eine Hexe gehalten; und nun es an
nit fehlen laſſen, um einer ſolchen Angeklagten, auh dur< unerlaubte
Mittel, ein Geſtändniß abzupreſſen, das unwahrſcheinlih, wandelbar und
widerſprehend, wie es iſ , wenig oder keinen Glauben verdient. Daher,
damit die Richter fortan vorſichtiger ſeien in der Führung ſolcher Proceſſe,
ſollen ſie das Nachfolgende immer vor Augen halten und betrachten.“
Nun folgen verſchiedene Einzelheiten, worin ſowohl die Richter als au<
Exorciſten zur größten Vorſicht gemahnt und ihnen viele praktiſche Winke
an die Hand gegeben werden, damit ſie ſi< weder übereilen noh täuſchen
laſſen. Den Beklagten ſollen die Klagepunkte abjehriftlich mitgetheilt und
1) Zangét, »De Exceptionibus 1730, S. 896. Dieſer hat in 5 Kapiteln
die Rechtsfrage über Tortur behandelt. Cap. 1. qui torquendi sunt, II de in-
diciis torturam admittentibus, III de probatione indiciorum, IV de tortura
recte ordinanda, V de effectu confessionis in tortura.
2) Schon 1623 hatte Papſt Gregor XV. in das Proceßverfahren gegen
Zauberer eingegriffen, indem er ein Verbot der Todesftrafe ergehen ließ bei ſol-
hen Angeklagten, welche keinen Schaden verübt hatten.