156 Erſter Theil. Drittes Buch. Die Folter oder Tortur.
unerhörte Qualen, bis er endli<h dasjenige eingeſtand, was man von
ihm hören wollte. Es wurde das Todesurtheil an ihm vollſtre>t auf
die ſ{hre>lihſte Weiſe 1).
Ein anderes Beiſpiel : Herzog Johann Friedrih von Weimar und
ſein Kanzler Brü> hatten fi in die Grumbah’ihen Händel eingelaſſen ;
die Reichsacht gegen ſie wurde dur< den Kurfürſt Auguſt von Sahſen
mit Hilfe eines Reichsheeres vollzogen. Grumba<h und Brüd wurden
gefangen genommen und furHtbaren Folterqualen ausgeſeßt. Ebenſo
grauſam verfuhr derſelbe Kurfürſt gegen den Kanzler Cracow wegen ab-
weichender theologiſhen Anſichten, ſowie gegen die Leibärzte Peuger und
Hermann und den Kirchenrath Stöſſel, nebſt Hofprediger Schüg. Alle
wurden im Gefängniſſe gefoltert, zumal der Kanzler Cracow, ſo daß
dieſer den Selbſtmord verſuhte. Weil dies nit gelungen, ließ man ihn
im Gefängniſſe verhungern. Kein Wunder, daß deshalb die 1572 er-
ſhienene ſähſiſhe Criminal -Ordnung die Carolina Carls V. an Härte
weit übertraf. Sie beſtimmt den Feuertod auh gegen ſolche Hexen , die
feinen Schaden geſtiftet haben. Denn es heißt wörtlih: „So jemands
in Vergeſſung ſeines riftlichen Glaubens mit dem Teufel ein Verbünd-
niß aufrichtet. umgehet oder zu ſchaffen hat, daß dieſelbe Perſon, ob fie
glei mit. Zauberei nieman ds Schaden zugefügt, mit dem Feuer vom
Leben zum Tode gerichtet und geſtraft werden ſoll 2).
Dieſes ftrengere Verfahren vertheidigte namentlich Carpzov, welcher
der Vater des ſächſiſhen Rechts genannt wird. Der Artikel 13 des Land-
re<tes im zweiten Buche heißt: „welher Chriſt, Mann oder Weib, un-
gläubig iſt oder mit Zauberei umgeht, oder mit Vergiftung und
der überwunden wird, die ſoll man auf einer Horde brennen.“ Nach
dieſem Paragraphen urtheilte der Leipziger Schöffenſtuhl mit gleicher
Schärfe gegen angebliche Hexen, welhe Schaden geſtiftet haben ſollten,
wie gegen ſolche, die leinen geſtiftet hatten, und dieſes Verfahren wurde
von Carpzow gebilligt 3). Die Carolina dagegen geſtattete ſoles nur bei
nahweisbarem äußeren Schaden von Seiten angeblicher Hexen. Dieſe
erwähnt aud nichts von Teufelsbündniſſen; Carpzov dagegen will ſogar
diejenigen beſtraft haben, welche die Wirklichkeit ſolcher Bündniſſe leugnen.
Wenn auf dieſe Weiſe Carpzov bei dem hohen Anſehen, welches er
genoß, einen unbeſchränkten Gebrauch der Folter vertrat, ſo erſheint au<
die Mittheilung niht unbegründet, welche von ihm behauptet, daß er
ſelbſt 20,000 Todesurtheile gefällt habe 4).
1) C. A. Menzel 4, 490—531. — 2) Reiche, Theses inaugurales, S, 31,
3) Qu. crim. 49 n. 8; Reiche, 30.
4) Wether Welte, Kirchenlexikon III, 1976—1977.