4 Erſler Theil. Erſtes Buch. Die Hexenproceſſe in proteſtantiſchen Territorien.
und Dinge, die ſchon eine Beſeſſenheit ahnen ließen. 1841 machte fie
den Herrn Pfarrer mit Allem bekannt ; doh dieſer blieb ſehr kalt; denn
ſie war niht zutraulih ſondern abſpenſtig und verſchloſſen. Jm
Jahre 1842 wurde das Gepolter häufiger und heftiger, beſonders zur
Nachtzeit. Sie ſah eine vor zwei Jahren geſtorbene Perſon mit einem
Kinde auf dem Arme; dieſe ſprah mit ihr. Man fand beim Suden
im Zimmer Papiere und Geld mit Ruß beſ<mugzt , entde>te ein Ding
wie Pulver, Zettelhen vom Ruß entſtellt ; das Geld waren Sechsbäzner.
Die Pulver wurden vom Apotheker und Arzte <emiſh unterſuht, doch
wurde nihts Beſonderes gefunden. Das Gepolter wurde oft bei Tag
und Nacht gehört. Dr. Späht aus Merklingen behandelte die Kranke ;
zwei Mal blieb er über Naht bei ihr und fand ſi< dur die Erlebniſſe
niht wenig überrafcht. Endlich veranlaßte der Pfarrer eine Anzahl von
gebildeten Männern, ungefähr ſehs bis acht Perſonen , eine nächtliche
Beobachtung vorzunehmen !), Nac zehn Uhr begannen ſie mit Liederverſen
und Gebeten ihre Anweſenheit zu bekunden. Der Tumult fing an; es
erfolgten fünfundzwanzig Schläge ſo arg, daß die Stühle aufſprangen und
die Fenſter klirrten, daß Sand herabfiel. Au< Töne wurden vernommen.
Man beſchloß, die G,. in ein anderes Haus zu bringen. Am folgenden
Tage war ſie todikrank ; Flämmchen gewahrte ſie unter der Thürſchwelle,
Dort fand man beim Nachgraben in einem Topfe Knochenreſte mit Erde
vermiſht, — man glaubte darin die Anzeichen eines verübten Kindes-
mords zu haben. — Der Fund wurde zu Dr. K. in Calw gebracht,
welcher ihn für Vogelsgebeine erklärte. Es {ien nun, daß ehemals in
dieſem Hauſe Jemand Zauberkünſte getrieben hatte. Die Kranke wurde
jezt zu Gemeinderath Stanger gebra<t und kehrte in einem Jahre
niht mehr in ihr Haus zurüd, Erſt 1844 hatte das Gepolter dort aufs
gehört. Am ſtärkſten war es auf Bußtagen; dann erſchienen ihr aud
Geſtalten und Lichtlein, Der Pfarrer aber ſah foldhes nicht. Bei der
©. zeigten fi auch Convulſionen, ſie zitterte am ganzen Leibe, und es
trat Schaum vor ihren Mund. Nun glaubte Pfarrer Blumhardt an
etwas Dämoniſches. Denn auf Anrufung des Namens Jeſu kam ſie wieder
zu ſi; der zweite Anfall war ebenſo \{auerlih, Das Mittel half
ſtets, aber gleih fiel ſie wieder in ihren Zuſtand zurü>. Abwechſelnd
wiederholte ſih dieſes an den folgenden Tagen. Man vernahm eine
fremde Stimme und Worte: „den Namen kann ich nicht hören.“ Auf
die Frage: „Haſt Du keine Ruhe?“ „Nein, zwei Kinder habe ih ge-
tödtet, Den Namen Jeſu kann ih niht hören. J< bin der Zauberei
ſhuldig und deshalb gebunden, ich darf im Leibe der ©, nicht bleiben.”
Etliche Tage ſpäter wiederholten ſi die „Befikungen“ der Dämonen
1) Am 9. Juni 1842.