Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

Zweites Kapitel. Stellung des Proteftantismus zur Folter. 157 
Seiffert gibt uns Nachweiſe von allzu häufigem Gebrau<h der Tore 
tur. „Jn dem kurzen Zeitraum von 29 Jahren wurden allein in dem 
fleinen nur 100,000 Seelen umfaſſenden Ansbacher Bezirke mehr als 
1414 Menſchen gefoltert; gegen 309 wurde Pranger und Staubbefen 
erkannt und 474 wurden hingerichtet !). 
Beiſpiele von unglaubliher Grauſamkeit berichtet auch Soldan- 
Heppe aus proteftantifcher Gegend. Jn Sachſen - Coburg wurde ein 
Weib den ganzen Tag gefoltert, während von NRechtätwegen dieſelbe niht 
über eine Stunde dauern ſollte?). 
Ebenſo grauſam war die Peinigung eines Weibes in Marburg 
16723), Die Unglüdliche hatte in zwei Jahren alle Stufen der Folterqualen 
fo durchlaufen, daß ihre Peiniger geſtanden , fie hätte unmöglih dieſes 
Alles ertragen können, wenn ſie ſi< niht dur<h Zauberei unempfindlich 
gemacht Hätte. Weitere Beiſpiele von großer Grauſamkeit bringt er bei 
aus Calenberg und Georgenthal #4). Aus Hamburg wird berichtet, daß, 
nad Publikation des Statuts von 1605, ſchon die nähſten Jahre von 
der, man möchte faſt jagen, infernalen Thätigkeit unſerer Juſtizbehörde 
grauenerregende Proben gaben °). 
Der Juriſt Brunnemann zu Frankfurt a. O. hatte Grund genug, 
um in einer Schrift mit dem Titel: „Anleitung zur borfitigen An« 
ſtellung des Jnquiſitionsproceſſes, namentlih bei Gebrauh der Tortur, 
gegen dieſe Barbarei anzukämpfen. 
Dur ſeine unmenſ<hli<he Grauſamkeit in Anwendung der Folter- 
qualen hat König Jakob I. von England eine traurige Berühmtheit er 
langt. Er ſelbſt erſann und erfand neue Arten von Qualen und ver- 
motte es, wie ein neuer Tiberius und Nero, ſi< an den Qualen der 
Gefolterten zu weiden. Den unglü>lihen Opfern ſeines Aberglaubens 
Tieß er jpibe Holzkeile unter die Nägel der Zehen und der Finger treiben, 
um die Schmerzen zu vervielfältigen. Einem der Zauberei Angeklagten riß 
der Henker mit eiſerner Zange die ſämmtlichen Nägel von den Fingern 
weg und ſte>te dann Nadeln in die offenen, wunden Stellen. Andere 
riß man halb verbrannt vom Scheiterhaufen, damit ſie die Brandſhmerzen 
deſto länger empfänden und zulezt warf man ſie von Neuem in die 
Flammen 6), 
Heppe ſelbſt geſteht, daß dieſe Art der Quälerei eine entfegliche ge- 
weſen 7). 
1) Zeitſchriſt für Culturgeſchihte 1859, S. 687. 
2) Soldan:Heppe II, 125. — 3) Derfelbe II, 210. 
4) Derſelbe II, 218 und 19 — 5) Dr. Trummer über Tortur, ©. 135, 
6) Walther Scott. — 7) SoldanHeppe II, 150. 
  
  
 
	        
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