Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Zweites Kapitel. Stellung des Proteſtantismus zur Folter. 163 
Ellinger i} viel fanatiſcher. „Man ſolle friſ<h mit Feuer, Holz und 
Strohwellen hinter den Hexen her ſein und ſie in Rauh in den dritten 
Himmel ſchiden. Aber was ſag ich viel gegen ſol<he Ausnahmen und 
Einreden, welhe Magiſter Hämmerlein mit ſeinem Gaukelſa>, mit der 
Tortur und Folter, feinartig refutiren und beantworten kann !) ?“ Der Gri- 
minalift Tabor iſt keine ſentimentale Seele; er bedauert, daß niht Para- 
celſus torquirt worden ; au<h Agrippa und Weyer hätten die genugſamen 
Jndicia gehabt. Er jammert, daß dieſe niht examinirt worden ſind. 
73, in Dissert. de tortura. : 
Daß ſole Wünſche niht auf unfruhtbaren Boden fielen, finden 
wir beſtätigt dur< Beiſpiele von ausgeſuhter Grauſamkeit. Ein ſolches 
Beiſpiel liefert der Proceß Agatha Pullmann in Schweinfurt ?). 
Jn Quedlinburg dauerten die Proceſſe von 1550 bis 1663. Der 
39. Proceß betraf die 77 Jahre alte Amelungs Wittwe. Troß ihrer 
wahrhaften Ausſagen und Betheuerungen ihrer Unſchuld findet ſie der 
Leipziger Schöffenſtuhl merth, peinlich befragt zu werden. Doch bringt 
man fie in der Naht vor der Tortur in einen Pferdeſtall, in welchem 
Kobolde ſpuken ſollten, damit ihre Anweſenheit dieſe vertreibe, Am an- 
dern Morgen fand man, daß die Alte ſi< erdroſſelt hatte; das Gericht 
dagegen beſcheinigt, der Teufel habe ſie erwürgt. 
Der grauenhafteſte Juſtizmord wurde an der 73 Jahre alten Mar- 
garetha Schönfeld 1644 verübt. Auf ihr entſchiedenes Abläugnen aller 
Hexerei wird ſie vier Mal nacheinander aufs grauſamſte gefoltert. End- 
lih muß ſie aus Pein bekennen, daß fie eine Hexe ſei, bittet um Los- 
laſſung, jedo<h vergebens 3). 
Auch Reïnkingk#) berichtet, daß auf Ausſage eines eingezogenen 
Mädchens , welhes von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter denuncirt 
war, mehrere Frauen eingeſeßt wurden. Man verurtheilte ſie zuerſt 
zu der Kalt-Waſſerprobe, und dann wurden fie jo unmenjchlich gefoltert, 
daß ſie ſpäter im Kerker als todt gefunden wurden. 
Man begreift es deshalb, wenn Heinrih Boden in feiner 
Abhandlung über Gebrau<h und Mißbrauh der Tortur es beklagt, daß 
au< Carpzov3 Beſtimmungen über die Beobahtung der verſchiedenen 
1) Hexenkoppel 34; au< der berühmte Moraliſt Dr. König will der Tortur 
das Wort reden. Troß der vielen Unfchuldigen, die durch fie den Tod erleiden, 
erklärt er, daß dies der Zufall bewirke; der Gebrau<h der Folter könne nur 
heilſam ſein, wenn der kluge Richter na< der Carolina \i< ordnungsgemäß 
richte. Casus consc. 56. 
2) Siehe I. Bud. Cap. 8. 
3) Voigts gemeinnüßige Abhandlungen. 158. 
4) Responsum juris n. 498. Cf, Hexenwahn, S, 9. 
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