6 Erſter Theil. Erſtes Buh. Die Hexenproceſſe in proteftantiſhen Territorien.
Ganzen waren 36 Städte dur< Unglü> heimgefucht. Nun trat eine neue
Epoche ein. Es kam die Zauberei zur Erſcheinung; alles wurde in die
G. hineingezaubert: zweiundvierzig Nägel, zwei S{huhſchnallen, ein
Eiſenſtü>, Näh-, Stri>- und Sti>nadeln, welche aus Naſe , Mund und
Ohr herausïîamen 1), Fünfzehn Stü> kamen auf einmal aus der Naſe,
zwölf Ste>nadeln aus dem Kopfe, mehrere ſelbſt aus den Augen ; Draht-
ſtüde kamen aus dem Leibe, wie au< im Ganzen dreißig Ste>nadeln,
ferner Glasftüde, Steinchen, Eiſenſtü>de 2c. Und das hat ein Jahr
lang vor Augenzeugen alſo fortgedauert. Ein Betrug
war niht möglih; Alles war mit Schmerzen verknüpft , die G. dabei
befinnungslos. Das Austreten der fremden Körper wurde dur< Gebet
bewirkt. Dabei floß weder Blut, noh bildete ſi< eine Wunde. Oft
auh ſnitt ſie ſih zur Beförderung der Gegenſtände die Haut auf ; dieſe
Wunden waren niht zu heilen. Es gingen auh lebendige Thiere
don ihr, vier Heufchreden, jede bis acht Fledermäuſe, ein Froſh aus dem
Halſe und eine Natter. Jm Dezember 1843 ſtellte fi Naſenbluten ein,
das Blui war ſhwarz und ſcharf riehend; der Arzt verſchrieb ihr Me-
biein. Dr. Späht fühlte etwas Hartes am Kopfe. „Ih war um vier
Uhr bei ihr, die G. lag im Blute, welches aus Ohren, Naſe und Augen
hervordrang, ein Kübel war halb voll — ein gräßlicher Anbli>, Doh ein
frommer Seufzer zum Herrn ftillte das Blut. Da kommt am Kopfe
ein Nagel und bald ein zweiter hervor.“ Bl. meint, die Materie ſei aus
Atomen beſtehend, und es könne der Zaubermacht gelingen, ſolche Atome
im Leibe zuſammenzubringen. Die G. ſagte, fie habe Erſcheinungen
am Bette; dieſe geben ihr etwas in den Mund und berühren ſie, als-
dann fühlt ſie widerſtandslos die Blutungen. Drei Männer ſieht ſie
als Geiſter vor fih, fie haben Spiritus und wollen ihr von demſelben
eingeben, doh es gelingt niht. G. hatte wenig Empfindung von den
Sagen, die in ihr waren, wohl aber dann, wenn ſie ſi< entfernten. Nach
Pfarrer Blumhardt wirken bei Zaubereien die Geiſter Lebender und Vers
ſtorbener zuſammen. Die Aufgabe der erſteren beſteht in der Herbei-
ſchaffung der Materie. Die meiſten Hexen und Hexenmeiſter, melde
Menſchen und Vieh bezaubern und Schaden verüben , ſind dieſes, was
fie find, ohne Wiſſen, haben nur je und je ein Gefühl davon, was fie
im Geiſte thun, ohne fi dieſes Gefühl erklären zu können. Es find
dies höhſt unglü>lihe Menſchen. Eine Beſchuldigung lebender Men-
1) In einer Dissertation D. Doison Medici Tornacensis, Tübingen 1729
S. 12 wird von dieſem Arzte referirt, daß er am 24. Novbr. 1724 eine kranke
Schweſter, Dominicanerin, behandelt habe , bei der 22 Nadeln herausgetreten
waren aus dem Leibe, den Füßen, am Halſe. Sie hatte in ihrer Jugend dieſe
Nadeln verſ<lu>t.