Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Erſtes Kapitel. Die Befeffene von Möttlingen 1840-48, 7 
hen in dieſer Beziehung iſ daher unbarmherzig, weil ein Unterſchied 
zwiſchen ſhuldig und unſchuldig kaum mögli iſ. 
Als „gebundener Menſch“ hat er kein Bewußtſein davon; aber doh 
iſt er zure<hnungsfähig, weil ihm der freie Wille bleibt; die Zuſtände 
kommen und fließen aus den Abgöttereiſünden, Der Zuſtand der Ge- 
bundenheit dauert au< na< dem Tode fort; dann bleibt ihm no< die 
Wahl, ob er dem Teufel anhängen oder frei ſein will. Die ihm ſih er- 
geben, find Zaubergeifter, und viele Unglüdsfälle tommen deshalb vom 
Teufel. Die Zauberei der Lebenden hat viele Stufen: erſtens, die fi 
ſelbſt helfen wollen ; zweitens, gewerbsmäßige Zauberer, die es für Andere 
thun; drittens, Schwarzlünftler, durch Bündniſſe mit dem Teufel verbun- 
den dur Unterſchrift mit ihrem Blute. Sie jhaffen Geld, Wolluſt, 
Schadloſigkeit, die Kunſt zu fliegen , ſi< unſihibar zu machen, Menſchen 
zu tödten dur< Shlagflüſſe auf 100 Stunden Entfernung, niht weniger 
au< die Kunſt der Brandſtiftung. Die Anfangs erwähnte Mutter hatte 
ihr Kind entführt geſehen, dafür ſollte ihr ein Wechſelkind gegeben werden. 
63 kommt zu einer Baje, die wollte es zaubern lehren, wenn es zehn 
Jahre zähle; doh ſtirbt die Baſe, als es a<t Jahre alt war. Sie hatte 
in der Krankheit Sympathie gebraut. 
Die G. war fromm, und der Pfarrer mit ihr ſehr zufrieden ; aber fie 
war bereits gebunden, nur im geringen Grade; ihr Widerwillen half 
nihts, die Dämonen nahmen fie ganz in Beſiz. Sie felbft Hatte feine 
Ahnung davon. Die erſte Verſuhung war im Februar 1840 an ſie 
herangetreten aus Armuth auf folgende Weiſe: „Sie geht mit einem Groſchen 
fort, um im Topfe Mehl zu holen. Sie wünſ<ht ſi< no< einen Groſchen. 
Sie findet ihn. Sie geht mit den zwei Groſchen na< Haus, weil ihr 
das Mehl geſchenkt wurde, Woher die zwei Groſhen? Zu Hauſe findet 
ſie einen Thaler auf dem Boden, woher dieſer? Ein ander Mal war 
wieder Noth; da findet ſie Mehl auf dem Ziie und Gelb in einem 
Papier mit dem Sprucße: „Chriſti Blut und Gerechtigkeit iſ mein 
S@mu> und Ehrenkleid“. Sie verbrau<ht Beides. Alſo iſ fie dur 
Betrug in des Satans Gewalt gelangt.“ 
Am 24, und 25. Dezember, Weihnachten 1843, zeigten fih auh 
Einwirkungen auf Bruder und Schweſter der G.; es waren alſo drei 
Perſonen ergriffen. Pfarrer Blumhardt nahm feine Zuflucht zu einem 
vierzigſtündigen Wachen, Faſten und Beten. Der Bruder wurde bald 
wieder frei; aber Schwefter Catharina wurde wie raſend, während ©. 
weniger angegriffen war. Catharina drohte, den Pfarrer in tauſend 
Stüde zu zerreißen; man glaubte tauſend Läſtermäuler zu hören. Sie 
war ſtets bei fi und erklärte, fie könne nicht? dafür, weder für ihre 
Reden, no< für ihre Thaten. Sie bat, man. möge fie fefthalten; der 
  
  
 
	        
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