188 Zweiter Theil. Erſtes Buch. Kampf d. Kirche geg. d. heidn. Zauberwahn.
welhe den Menſchen Träume und Krankheiten bereiten. Der Neupla-
toniker Plotin hält an der Meinung feſt, daß die Grauſamen in Wölfe
und die Streitſühtigen in Hunde u. dergl. verwandelt würden. Die
ſpäteren griechiſchen Philoſophen verließen den Volksglauben und wandten
fi mehr der Skepſis zu, wofür bereits Epicur und Democrit den Ton
angegeben hatten.
Die Römer hielten mehr an dem traditionellen Götterglauben und
Cultus feſt, wie Cicero, Tacitus und Quintilian bezeugen. Eine Aus-
nahme mate der ältere Plinius, der dem Naturalismus ergeben war
und die Natur Gott ſein ließ. Den religiöſen Glauben zu wahren und
mit der Philoſophie zu verſöhnen, war Aufgabe der Stoiker. Sie ſind
es, welche die Dämonen in den Dienſt zwiſchen Gottheit und Menſchheit
einſtellen. Der Stoa, melde Vernunft und Glauben verſöhnen wollte,
\{loſſen ſih an die Gebildeten des erſten chriſtlichen Jahrhunderts, wie
auch namentlich Kaiſer Marc Aurel. Die Platoniker befliſſen ſih die
Dämonenlehre noch zu ertweiteren und auszubilden, weil fie der Phan«
tofie einen großen Spielraum gewährte. Plutar< erwarb fi) den Ruhm,
die Lehre von den Dämonen in ein Syſtem gebraht zu haben. Er
unterſcheidet gute und böſe Dämonen , welche dem Menſchen freundlid)
oder feindlih geſinnt ſind.
Zur Kaiſerzeit, als Rom ſeine Herrſchaft über drei Welttheile ausgedehnt
hatte, gelang es auh fremden Götterkulten in dieſem Centrum ſih Ein-
gang zu verſchaffen, anfänglich zwar als fremder Aberglaube behandelt,
verachtet und verboten, ſpäter als Modeſache der Gebildeten in Ehren
gehalten. Aus Egypten ſ{li< \ſi< ſeit Domitian ein der Serapis- und
Dfiris-Dienft. Ihm folgte dann der orientaliſche Mithras-Dienſt unter
den Antoninen. Plutard) war von Haus aus dem egyptiihen Götter-
dienſt zugethan, dagegen dem aſiatiſchen abgeneigt, was aus ſeinem
Werke über den Aberglauben genügend hervorgeht.
Und dennoch haben die „Chaldäer“ in Rom einen folden Einfluß
erlangt, daß ſie zeitweiſe aus der Stadt vertrieben wurden !). Die
Apotheoſe der Kaiſer und anderer berühmter Männer, wie Apollonius
von Thiana, Antinous, machte es nöthig, dieſen Perſonen mehr als
menſchliche Kräfte und Werke zuzuſchreiben, welches, wie Origines be-
merkt, unter Mitwirkung egyptiſcher Zauberer erfolgte. Die Chriftenver-
folgungen begannen unter der doppelten Beſchuldigung des fremden
1) Der Aedil M. Agrippa verbannte Aſtrologen und Magier aus Rom. U. c. 721.
Nach Dio Caſſius wurde dieſer Senatsbeſhluß oft wiederholt und unter Nero
auf die „zauberiſchen“ Chriſten ausgedehnt: cf. J. Diefenbah, „Chriſtus und
das Chriſtenthum“. Mainz. 1874. ©. 58.