192 Zweiter Theil. Erſtes Buh. Kampf d. Kirche geg. d. heidn. Zauberwahn.
glauben, die Gabe Wunderwerke zu verrichten, die er wirke, ja noh
größere zu wirken, als er gewirkt habe. Bei Markus XVI, 17 u. 18.
werden fie dahin erklärt: „In meinem Namen werden fie Teufel aus-
treiben, in neuen Sprachen reden, Schlangen werden fie aufheben, und
wenn fie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen niht ſhaden. Kranken
werden ſie die Hände auflegen, und ſie werden geſund werden.“ Hier-
mit find die Wunderwerke der Heiligen vorherverkündet und a priori
anerkannt.
Alle Menſchen, welche der Taufe entbehren oder ihr fern bleiben
aus eigener Wahl, bleiben in der Abhängigkeit von dem Satan, „dieſem
Herrſcher der Welt in dieſer Finſterniß.“ Der Dualismus von Licht und
Finſterniß in der Natur ift das Sinnbild von dem ethiſchen Dualis-
mus von Wahrheit und Lüge, Tugend und Sünde. Dem Menſchen
iſt die Alternative gelaſſen, wem er unterthan fein will !)!
Der heil. Paulus erläutert dieſes Röm. VII, 16—23. „Wiſſet
ihr nicht, daß ihr Knechte ſeid und dem zu gehorchen habt, welchem ihr
eu< als Knechte zum Gehorſam hingebet, ſei es als Knechte der Sünde
zum Tode oder als Knechte des Gehorſams zur Gerechtigkeit ? Dank ſei
Gott, daß ihr Knechte der Sünde geweſen. Befreit nämlih von der
Sünde, ſeid ihr der Gerechtigkeit dienſtbar geworden . . . Denn als ihr
Knechte der Sünde waret, ſeid ihr frei von der Gerechtigkeit geweſen.
Nun aber befreit von der Sünde, Knechte Gottes geworden, habt ihr zur
Frucht euere Heiligung und als Ende das ewige Leben.“
Dieſe Alternative beſtätigt Chriſtus mit den Worten: „Wer nicht
mit mir ift, ift wider mid); wer niht mit mir ſammelt, der zerſtreut.“
Der Satan, welcher als Urheber der Sünde zugleih Urheber alles Böſen
geworden if , herrſht über ſeine Diener dur< Entfeſſelung der Leiden-
\haften, namentli< der dreifahen Luſt: Augenluſt, Fleiſchesluſt und
Hoffart des Lebens, I Joh. II, 16, in melden Einwirkungen die drei
1) In herrlichen Worten bat ber heil. Ambroſius dieſes Verhältniß des
freien Willens dargelegt:
„Schreiben wir unſer Unglü>k nur unſerem Willen allein zu. Niemand
wird zur Sünde genöthigt, es ſei denn, daß er aus freier Entſchließung ſi< ihr
hingibt. Der Menſch i freiwillig ein Soldat, der ſih von Chriſtus anwerben
läßt, wie er freiwillig ein Sclave ift, der ſi< dem böſen Feinde verkauft, Nie-
mand trägt das Joch der Sünde, bevor er fich nicht freiwillig ſeinem Tyrannen
überliefert hat. Warum klagen wir die Shwachheit des Fleiſches an ? Können
unſere Glieder Werkzeuge der Ungerechtigkeit werden, warum niht au< Werks
zeuge der Gerechtigkeit? Das Fleiſh iſt ein Sclave; euer Ville ſoll ſi< nur
hüten, ihn zu verkaufen !“
Cf, Al. Baunard, Geſchichte des heil. Ambroſius 275.
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