Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Erſtes Kapitel. Der Kampf d, Kirche geg. d. Manihäigmus d. Katharer. 215 
die Anwendung der Tortur, melde in dem canonifchen Rechte bislang 
niht eingeführt war. Dieſelbe wurde gebilligt durh Jnnocenz IV. — 
1252, Alexander — 1253, Clemens IV. — 1265. Als Strafe für 
hartnä>ige Keherei war bereits unter Papſt Lucius 1183 der Tod durch's 
Feuer beſtimmt und von Kaiſer Friedrich I. als Gejeß publicirt worden. 
Dasſelbe wiederholte Kaiſer Friedrih II. — 1220, und auf dem Reichs=- 
tage zu Ravenna 1231. Dieſelbe Strafe ging auch in's deutjche Städtes 
und Provincial-Reht über, z. B. in's Hamburger und Lübe>er Stadtrecht, 
in den Sadhjen- und Schwabenſpiegel. Die gleiche Strafe ward aud) auf 
das Verbrechen der Zauberei gefegt, weil beide Verbrechen für glei) 
{wer und. gleichartig angeſehen wurden. 
Es war nämlih na< Niederwerfung der keßeriſhen Bewegungen in 
Frankreih, Italien und Deutſchland ein anderes Gift in die geiſtige 
Atmoſphäre der Menſchheit eingedrungen: der Aber- und Bauber- 
glaube. Der Erklärungsgründe, wie dieſes geſchah, gibt es verſchiedene. 
1. Die Kreuzzüge. Dieſe hatten auf die Völker des Abend- 
landes eine außergewöhnlihe Einwirkung erzielt; die Geiſter waren in 
eine fieberhafte Aufregung verſezt, wie bekanntlih bei allen Kriegs- 
zeiten. Die Phantaſie hatte einen gewaltigen Spielraum, um Alles, was 
man über den Orient hörte, las, oder ſi< vorſtellte, in lebhaften Bildern 
auszumalen. Die Erzählungen der Zurü>gekehrten von ihren Abenteuern 
gaben neue Nahrung ; kein Wunder, daß die Poeſie davon zuerſt profitirte 
und reihe Nahrung fand. Der Zug für's Wunderbare iſ der vorherr- 
ichende in der Literatur zur Zeit der Kreuzzüge. Er ſpiegelt ſi ſelbſt 
ab in den frommen Büchern, den Legenden, z. B. der legenda aurea 
des Jakob de Voragine, in dem dialogus miraculorum des Ciſter= 
cienfermöndes Cäfarius von Heifterbad), und jelbft in dem Werke: Otia 
imperialia, melde: der Hofmann Gervafius dem Kaiſer Otto IV. 
dedicitte. 
9. Der Einfluß der mohamedaniſ<hen Wiſſenſchaft. Dieſe hatte 
ihren Ausgang genommen in Spanien, wo die Mauren es zu einer 
Blüthenperiode in der Kunſt, Wiſſenſchaft und Kultur gebracht hatten. 
Bereits 1037 war ein berühmter Gelehrter des Jslam zu Grabe getragen 
worden, Avicenna. Er war berühmt als Philoſoph und Mediciner. 
Seine Philoſophie war eine Vermiſchung des Neuplatonismus mit der 
ariſtoteliſhen Philoſophie. Man findet bei ihm die Emanationen der 
Neuplatoniker und den Dualismus von Ariſtoteles. Jn Spanien erbli>te 
1126 zu Cordova Averroes das Licht der Welt; eine wirkliche geiſtige 
Größe, wel<her auf gleichem Wege wie Avicenna wandelte und in der 
Philoſophie Plato und Ariſtoteles vereinigte. 
Der Ruhm jener mauriſhen Kultur und Wiſſenſchaft , welche 
  
  
  
 
	        
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