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Zweites Kapitel. Die Bulle Innocenz VIII. 2c. 227
procefje,“ folgen. Abt Tritheim klagt in ſeinem Werke, welches er
1508 im Auftrage des Markgrafen Joachim von Brandenburg als
»Antipalus maleficiorum« „Schild gegen Hexerei“ ſchrieb, „über die
große Zahl der Hexen in jeder Provinz. Kein Ort ſei ſo klein, wo
man nit eine Hexe finde. Aber in allen ift ein Jnquiſitor und faſt
nirgends kein Richter , der dieſe offenbare Beleidigungen Gottes und der
Natur rähe!” Ein Beweis, daß ſelbſt am Rheine eine großartige Hexen-
verfolgung noh nicht exiſtirte 1).
Unſere Gegner legen ein niht geringes Gewicht darauf , daß in der
Folgezeit ähnliche Bullen von Alexander VI, Julius IL, Leo X. Ha-
drian VI., Clemens VIL, Sixtus V., Gregor XV. erlaſſen wurden ;
fämmtlich verwerfen und verdammen ſie bei Strafe der Excommunication
alle Arten des Aberglaubens, Zauberei und Wahrſagerei ?).
Wenn man von gegneriſcher Seite von der Annahme ausgegangen
iſt, daß dur die päpſtlichen Bullen der Wahnglaube an Zauberkünſte
beſtätigt , ſeine Realität und Wirkſamkeit approbirt worden ſei, ſo iſt
dieſes eine willkürlihe Interpretation „man legt nit aus, man legt
wa3 unter.”
Zur Erweiſung des Geſagten möge eine Stimme aus dem vorigen
Jahrhundert gehört werden, welche in diefer Beziehung den vollſten Bei-
fall verdient. „Alles, was mir in den angeregten Bullen finden, find
billige Vorwürfe der abergläubiſchen Chriſten, es ſind Verdammungen
der gottloſen Sünder, welche id erfrechen, ſolche Aberglauben zu
gebrauchen, ſolche unchriſtlihe Ceremonien anzuwenden , ſolche ſhändliche
Werke zu beginnen , ſolche thörihte Handlungen zu verjuhen, von Gott
fi) abzuwenden, und Beyſtand und Hülf bei den Feinden Gottes und
des menſ<hlihen Geſhle<hts zu ſuhen. Es find gerechte Beſtrafungen
ſolcher Ungläubigen und einem Chriften keineswegs geziemenden Ver-
meſſenheiten. Man hat bei dem Richterftuhl der Kirche Gottes aus
gerehtem Eyfer angebraht, daß ſolche unhriſtlihe Handlungen, ſolche
zauberifche Unternehmungen im Schwang gingen. Dieſer heilige Richter-
ſtuhl verdammt ſolche heidniſche Thaten ; er beſtraffet die Anhänger ſol-
cer abergläubiſchen Frevel-Thaten. Aber ob fie wirklich ſolhe Werke
üben könnten, oder ob es nur leere und unkräftige Unternehmungen
ſeyen, entſcheidet der Römiſche Richter niht. Es iſt wahr, es werden
zu Zeiten die angebrahte Werke als wirklihe Wunder angeführet. Aber
der Römiſche Stuhl behauptet dieſelben niht als wahre Geſchichte, ſon-
dern nah den angebraten Klagen werden die vorgeblihe Werke wieder-
1) Silbernagel, Joh. Tritheim, S. 143.
2) Soldan-Heppe I. 284.
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