298 Zweiter Theil. Fünftes Buch. Der Proteſtantismus und der Hexenwahn.
Seite war ſeine theokratiſhe Auffaſſung des Staates na<h Analogie des
alten Teſtamentes für ihn eine Nöthigung, mit Feuer und Schwert gegen
die Feinde Gottes einzuſchreiten. Deshalb lehrte er, daß die Staats-
regierung alle Zauberer zu Ehren Gottes ausrotten müſſe. Nah ihm
mußte daher Gottesläſterung, Zauberei und Unzucht ebenſo beſtraft wer-
den, wie Raub, Mord und Brandſtiftung. Das „Brennen“ ging los
1542, als die Peſt in Genf ſih einſtellte. Man glaubte an einen Bund
von „Vehibereitern“ oder „Zauberern“, welche dieſes Unglü> veranlaßt
hätten. Schredliche Kerkerhaft, Folter, Scheiterhaufen, Schaffot, wurden
in Anwendung gebra<ht. Das Berfahren jelbft war das graujamfte von
der Welt. Man zwi>te die Beſchuldigten mit gkühenden Zangen, mauerte
fie ein, ließ fie verſ<hmachten oder durh Schwebe- oder S<hnellbalken in
die Lüfte ſ{hleudern, ſo daß manhe fich lieber felbft den Tod gaben, ehe ſie
dieſe Qualen erdulden wollten. Vom 17. Februar bis 15. Mai 1545
hatte der Scharfrichter auf dieſe Weiſe 34 Perſonen in den Tod geſchi>t,
darunter ſeine eigene Mutter. Oft wurden vor dem Tode noh grauſame
Verſtümmelungen des Körpers vorgenommen. Die bekannte Hinrichtung
Servets ſteht auh damit in Verbindung. Jm Ganzen wurden nad) dem
Siadtregiſter in einem Zeitraume von 60 Jahren in Genf 150 Perſonen
verbrannt. Selbſt Beza, welcher als der „milde“ Melanchthon der Re-
formirten ausgegeben wird, glühte vor Blutdurſt gegen die armen Hexen.
Er machte daraus dem franzöſiſchen Parlamente einen großen Vorwurf,
daß es in der Verfolgung der Hexen zu läſſig ſei. Die Fortdauer
dieſer bezeihneten Lehren der Reformatoren wurde dann au< dadur für
die Zukunft garantirt, daß ſie ihre Aufnahme in die ſogenannten Con-
feſſionen oder Glaubensbekenntniſſe fanden. So in der Augsburger
Confeſſion , Art. XX. 18, 85. Concordienformel I. 641 und 648. II.
662 und 667; Apologie VIII. 220; in den Shmalkaldeſhen Artikeln IL.
II, 308. IV. 315. Von Seiten der Reformirten in die helvetifche Con-
feſſion IT. Cap. 7, Niederländiſche Confeſſion Capitel 12"). Unter
den Reformirten galt Lambert Danäus, geboren 1530, Prediger zu
Genf, Leyden und Gent, als eine ihrer erſten Größen. Nichts deſtoweniger
ſtellt dieſer in ſeinem Dialoge: »De veneficiis« den Heren-Sabath und
die Teufels-Buhlſchaft als volle Wirklichkeit dar. Johann Brenz wollte
aud den bloßen Willen der Buhlſchaft als That angeſehen und beſtraft
haben. Prediger Meigerius in ſeinem Buche, »Panurgia Lamiarum«
1587, verlangt, daß die Obrigkeit die ſogenannten Hexenberge fleißig
durſuchen und abſtreifen laſſen ſolle, ob fi) nicht etwa verdächtige
Spuren fänden. Chyträus, ein Roſto>er Theologe, welher an der. Con-
1) cf. Roskoff, Geſch. des T. IL. 377,