Zweites Kapitel, Die Prediger oder der Hexenwahn auf ber Kanzel. 305
Teufels Verrichtungen, als da find: Luftfahrten, die Ausfahrten, fleiſch-
liche Vermiſchung mit dem Satan ohne Nachkommenſchaft; was man
dafür halte, jeien Wechjeltinder, Kielfröpfe u. |. w., wie dieſes etwa
geſhehen ſein möge mit jener eingeſchloſſenen Kloſterfrau in England,
von welcher im Jahre 1440 der berühmte Zauberer Merlin geboren wor-
den ſei; das Wettermachen, die Bezauberung an Menſchen dur< Pulver,
das fie in den Weg freuen, dur Eingrabung etlicher Stü>e unter die
Séhwellen, oder durh Schüſſe, damit ſie auh abweſende Menſchen bes
\hädigen können, ‘oder dur< bezauberte Wachsbilder, womit ſie Abweſende
blind und lahm maden oder durd) Neftellnüpfen und Schloßmerfen,
woburd fie die Eheleute verderben oder durch andermeitiges, womit den
Menſchen in den Leib Eiſen, Bein, Holz, Haare u. f. w. hineingegaubert wer-
den. Er ſelbſt bringt 2 Exempel dieſer Abgänge von einem Kinde und einem
Edelknaben in Erinnerung. Die Thierverwandlungen ſind eitele Betrü-
gereien des Satans; indeſſen das Herbeiſchaffen des fremden Eigenthums
it Thatſache. Jn der ſe<hſten Predigt behandelt er die Urſache, weßhalb
Gott die Hexenplage zulaſſe. Dieſes geſhehe a) um ſeinetwillen; b) der
Auserwählten; €) der ſündigen Menſchen; d) des Satans und e) der
Hexen willen. Die ſiebente Predigt befaßt ſi< mit den Schuzmitteln
gegen Zauberſchaden und den Befreiungsmitteln nah geſehener Beſchä-
digung, Die lezte Predigt wendet fi) mit dem Texte „die Zauberin
ſollſt du niht leben laſſen“ II Mof. 22, an die weltliche Obrigkeit, um
fie aufzufordern mit gebührendem Ernſte an die Ausrottung der Hexen-
laſter zu Werke zu gehen. Deßhalb vier Punkte zu erwägen:
a) Die Pflicht nad Hexen und Unholden fleißig zu forſchen.
b) Auf was Anzeigung und Beweis ſie ahten ſollen, damit kein
Unrecht geſchehe und nur der Schuldige beſtraft würde.
c) Daß jeder chriſtliche Schöffe und Gerichtsbeiſiyer den Schuldigen
mit gutem, fröhlichen Gewiſſen könne zum Tode verdammen helfen,
welches auch die Ankläger thun können.
d) Wie die Hexen ſollen geſtraft werden.
Letzteres geſchehe billig mit dem Feuertode nah faiferlihem Rechte,
fann aber auh bei Reumüthigen gemildert werden zur Ausweiſung u. |. w.
Bezüglich der Tortur mahnte er zur Vorſicht, da ſie oft ſo ſtreng und
unbarmherzig gebrauht würde, daß die armen Leute bekennen müſſen,
was ſie hernah widerrufen, Doch will er die Tortur niht verworfen
haben, aber auch nicht für genügend halten. Meder iſ alſo ganz in die
abergläubiſchen Vorſtellungen ſeiner Zeit verſtri>t; er glaubt an die un-
geheure Verbreitung der Zauberer, an des Teufels ungebührlide Macht,
als deren Werkzeuge die Hexen ſi< darſtellen, weßhalb er nihts Beſſeres
zur Abhilfe weiß als an das obrigfeitlihe Schwert zu appelliren.
Diefenbach, Der Hexenwahn. 20