320 Zweiter Theil. Fünftes Buch. Der Proteſtantismus und der Hexenwahn.
geſhihten. Hören wir zwei Beiſpiele: Anno 1580 hat fſi< dieſe wahre
hafte Hiſtorie zugetragen. „Nahe bei Breslau hat ein Edelmann gewohnt,
der ſeine Unterthanen im Sommer zur Frohne arbeiten , heuen und
Grummet madchen ließ. Unter dieſen war auh eine Kindbetterin geweſen,
ſo kaum von a<t Tagen im Kindbett gelegen. Als die nun auh hat
fommen müſſen, nimmt ſie ihr Kind hinaus , legt es. auf ein Häuflein
Gras und geht an's Heumachen. Da fie nun eine gute Weil gearbeitet
und zu ihrem Kinde gehen will, um es zu ſtillen, ſo ſieht ſie das Kind
an, ſcreiet heftig, ſchlägt die Hände über den Kopf zuſammen und
Haget laut, daß ſei niht ihr Kind, weil es ſo geizig ihr die Milch ent-
ziehe, ſo unmenfchlich heule, was ſie an ihrem Kinde niht gewohnt ſei.
Trohdem behält ſie es etlihe Tage. Da zeigte es fich ſo ungebührlich,
daß die gute Frau beinahe verderbt wäre. Solches klagt ſie dem Jun-
ker; dieſer ſagt zu ihr: Frau, wenn eu< bedünkt, daß dieſes niht euer
Kind ſei, ſo thut Eines und tragt es auf die Wieſen, wo ihr das
vorige Kind hingelegt habet und ſtreiht es mit Ruthen heftig, dann
werdet ihr Wunder ſehen. Die Frau that es, ging hinaus, frid) das
Kind mit Ruthen, daß es ſehr geſchrieen. Da brate der Teufel das
geſtohlene Kind wieder und ſpra<h: „da haſt's“ und mit dem nahm er
auh entgegen ſein Kind.“ Concio in feria IIT paschali S. 277.
Das andere Beiſpiel, wie folgt: „Man ſoll dem Teufel nicht ein
Haar breit weichen, no< aus dem Wege gehen, wie jener Pfarrer in der
Mark, der zu einer beſeſſenen Perſon war gerufen worden. Und wie er
mit ſeinem Sohne, den er an der Hand führte, wieder nad Hauſe ging,
unterwegs ein Spectrum wie ein Wagen mit vier Pferden hinter ihm
her gerennt fam, dem er aber im geringſten niht gewichen, ſondern
Schritt für Schritt ſeinen Weg gegangen. Als es nun an ihn heran-
gekommen, iſt es beiſeits mit großem Geräuſch ausgefahren und über die
hohen Gipfel der Bäume des Waldes, ſo niht weit davon gelegen, dahin
geraſſelt. Ueber eine kurze Weile kommt es ihm wieder in den Weg
mit großer Furie entgegen gerannt. Er iſt ihm aber wieder im gering-
ſten niht ausgewichen, ſondern hat ſeinen Weg nur unvermerkt fort-
genommen, ſo es dann wieder zur Seite abgewankt und hinweg gerannt.
Endlich iſ eine re<hte Kutſche gekommen , der er zuerſt, weil er vermeint,
der Teufel ſei zum dritten Male gekommen, niht hat weichen wollen.
Da ift der Jnſaſſe, welher vom Adel war und ihn kannte, ausgeſtiegen,
welchen er au< um Verzeihung gebeten und ihm berichtet, wie es ihm
mit dem Teufel ergangen. Er hat aber das Einſteigen abgelehnt und
iſt des Weges gegangen mit ſeinem Sohne bis in ſein Haus!).
1) Gäbe eine Parallele zu Goethe's Erlkönig, ohne deſſen tragiſches Finale.
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