Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

Viertes Kapitel. Die Juriſten. 341 
was ſie ſeyn, und zu welchem Ende dieſelben erſcheinen, wider die vorige 
und heutige Atheiſten , Naturaliſten, und namentlih D. Bedern in der 
bezauberten Welt 2c.“ Dieſer tapfere Gottesmann glaubte fid berufen, 
nunmehr aud) auf den neuen Goliat Thomafium loszuziehen ; denn 1705 
ließ er ein neues Buch erſcheinen mit folgendem Titel: Petri Gold- 
\hmids verworfener Hexen - und Zauber-Advokat , d. i. wohlgegründete 
Vernichtung des thörihten Vorhabens Hrn. Chriſtiani Thomaſi , j. u. Dr. 
et Professoris Hallensis, und aller derer, wel<he dur< ihre ſuper- 
kluge Phantaſie- Grillen dem Teufeliſhen Hexen - Geheimniß das Wort 
reden wollen, indem gegen dieſelben aus dem unwiderſpre<hlichen Gött- 
lichen Worte, und der täglih lehrenden Erfahrung das Gegentheil zur 
Genüge angewieſen und beſtätiget wird, daß in der That eine Teufeliſche 
Hexerey und Zauberey ſey, und dannenhero eine Chriſtliche Obrigkeit 
gehalten, dieſe abgeſagte Feinde Gottes, ſhadenfrohe Menſchen- und Vieh- 
mörder aus der <riſtlihen Gemeinde zu ſ{haffen, und dieſelbe zur wohl- 
verdienten Strafe zu ziehen !).“ 
Im Jahre 1712 ließ Thomaſius wiederum einen Angriff auf den 
hergebrahten Zauberglauben machen. Es geſchah dies dur eine Diſſer- 
tation, welhe zu Halle duch I. B. Ipfen herausgegeben wurde unter 
dem Titel: »Disputatio de origine et progressu processus inquisi- 
torii contra Sagas.« Ihr Verfaſſer war Thomaſius. Der Zwe> 
dieſes Tractates war, den Nachweis zu liefern , daß ſowohl der Jnqui- 
fitionsproceß, wie aud) die Verbrechen des Teufelsbündniſſes und der 
Buhlſchaft nicht alten ſondern jüngeren Datums ſeien. Er verlegt ihre 
Entſtehung ins Ende des 15. Jahrhunderts, mit Berufung auf Eras- 
mus, welcher daſſelbe bezeugt. Er hätte ebenſogut die Blo>bergsfahrten 
hinzu ſeyen können; denn wie Shwager berichtet, ſind dieſe ſog. „Bo>- 
laden“ ?) eine Erfindung der ſpäteren proteſtantiſchen Zeit. Noch ein- 
mal reagirie Thomaſius in gleicher Richtung gegen die Hexenproceſſe, 
indem er 1718 für die deutſche Ueberſeßung von Johann Webſters Un- 
terfuhungen 2c. Sorge trug. 
Thomaſius hat mit Zug und Recht als erſtes Object ſeines An- 
griffes das verwerfliche Gerichtsverfahren ausgewählt. Er ſtand hiermit 
auf dem nämlichen Boden, wie Tanner, Spee, Fiſhard, Ewich, Molitor, 
1) Den fchreibfertigen Arzt Eberhard Go>elius zu Ulm 1636—1710 und 
Balthaſar Timäus aus Frauſtadt 1610—1667 nennt Gräffe eine „abergläubiſche 
Sippſchaft im Geiſte des ehrwürdigen Goldſchmidt.“ Godelius hrieb um ſeinen 
Namen zu rechtfertigen: „Der eierlegende Hahn ſammt ſeinem Bafılisfenei.” 
Ulm 1697; „Vom Beſchreyen und Verzaubern.“ Frkft. 1699. 
2) Schwager 286. 
  
 
	        
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